Hans Zaremba über den DFB nach der WM
Oliver Bierhoff ist von sich aus gegangen. Hansi Flick darf nach der ersten Analyse der für den DFB (Deutscher Fußball-Bund) total vergeigten Weltmeisterschaft (WM) in Katar beim DFB bleiben. Über die Logik dieser Personalien lässt sich trefflich streiten.
Erfolglose Mission
Nicht der in den letzten Wochen häufig geschmähte Manager ist für das frühzeitige WM-Aus der DFB-Auswahl der Hauptverantwortliche, sondern der nach seinem Scheitern im Konflikt mit dem Sportvorstand des FC Bayern München, Hasan Salihamidzic, von der Isar an den Main gekommene Übungsleiter. Als Bundestrainer hat er die Herren für das Turnier im Emirat ausgesucht, die Mannschaft auf- und eingestellt. Das Ergebnis seiner erfolglosen Mission in Vorderasien ist bekannt. Neben der vom Sportlehrer getroffenen Personalauswahl war während der Tage am Persischen Golf auch seine öffentliche Kommunikation nicht genügend. Der 1965 in Heidelberg geborene einstige Mittelfeldspieler mit den Bundesliga-Stationen in München und Köln musste unterdessen feststellen, dass die Anstellung als Nationalcoach ein anderes Gewicht hat als die eines Betreuers beim Rekordmeister in München. Der Nachfolger des vormaligen Bundestrainers Joachim Löw hat noch zu beweisen, dass er seiner Aufgabe für das DFB-Team gewachsen ist. Der Verfasser dieser Zeilen staunt, dass der aktuelle Chef-Trainer der Nationalelf von etlichen Printmedien („Kicker“, „Bild“ und „Süddeutsche Zeitung“) nicht nur geschont wird, sondern noch Beistand erfahren hat. Andere Blätter (wie die in Berlin verlegte „Tageszeitung“ und die „Frankfurter Allgemeine“) sehen die Ansprüche in seiner Person für die in Deutschland in 2024 fixierte Europameisterschaft (EM) erheblich differenzierter, befinden sich jedoch in der Minderheit.
Kaum Alternativen
Das Verbleiben von Hansi Flick in seinem bis Mitte Juli 2024 laufenden Vertrag dürfte auch mangels einer überzeugenden Alternative geschuldet sein. Der von vielen Fans gerne auf dem DFB-Posten gesehene Jürgen Klopp scheint derzeit in Liverpool (noch) unabkömmlich zu sein und der seit seinem Rauswurf bei Chelsea ohne neuen Job befindliche Thomas Tuchel hat beim DFB wohl keine allzu großen Fürsprecher. Nach seiner aktiven Laufbahn war der heutige Bundestrainer vor seinem bemerkenswerten Engagement als Bayern- Coach mit sieben Titeln in nur 18 Monaten von 2006 bis 2014 bereits als Assistent Joachim Löw beim DFB, später als dessen Sportdirektor und Geschäftsführer Sport bei der TSG 1899 Hoffenheim. Nun hat er vor der EM im eigenen Land seine größte Herausforderung zu schultern. Dazu gehört an erster Stelle die Findung einer passenden Kicker-Auswahl. Vor dem Hintergrund, dass etliche der heutigen Spieler (Manuel Neuer, Thomas Müller und Ilkay Gündogan) bei der EM 2024 kaum noch in Betracht kommen, kein leichtes Unterfangen.
Blasse Redaktion
Auffallend zurückhaltend war bei der bisher unzureichenden Aufarbeitung des WM-Debakels der deutschen Nationalmannschaft die Reaktion des DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf. Sein Auftritt wirkte nach dem Treffen der DFB-Oberen in Neu-Isenburg recht blass. Überrascht hat dagegen die Rolle des BVB-Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke, der indessen zum Multifunktionär – Geschäftsführer von Borussia Dortmund, erster DFB-Vizepräsident, Mitglied der Gesellschafterversammlung des DFB, erster stellvertretender Sprecher des Präsidiums des DFL (Deutsche Fußball Liga) e.V. und Vorsitzender des Aufsichtsrats der DFL GmbH sowie als Präsident seines Heimatsvereins, dem Landesligisten Rot-Weiß Erlinghausen – aufgestiegen ist. Zweifellos etwas viel an Ämtern für nur eine Person, die ohnehin beim kriselnden Ligaclub aus dem Revier mit sechs Schlappen in fünfzehn Partien genug Arbeit haben dürfte. Über kurz oder lang wird sich auch der Sauerländer mit seinen erdrückenden Pflichten kritischen Blicken zu erwehren haben. Infolge der weitgehend ungelösten Neubesetzungen der Positionen als DFB-Direktor nach Oliver Bierhoff und für die gescheiterte DFL-Chefin Donata Hopfen würde dies nicht verblüffen.