Blamage für den deutschen Fußball

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Hans Zaremba über das DFB-Versagen in Katar

Der Auftritt des DFB (Deutscher Fußball-Bund) bei der bislang umstrittensten Weltmeisterschaft (WM) in der Fußball-Geschichte war reinweg ein riesige Blamage. Sowohl, was seinen Standpunkt gegenüber der Fifa (Fédération Internationale de Football Association) und ihres allmächtigen Vormanns Giovanni Infantino betrifft, als auch mit dem Blick auf die erfolglose Verfassung der deutschen Nationalmannschaft.

Hilflosigkeit

Die Haltung des DFB mit dem Einknicken seines Präsidenten Bernd Neuendorf beim Hin und Herr um die „One-Love“-Binde vor der Eröffnung des Turniers war an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten. Sich zum Mannschaftsfoto beim Japan-Spiel die Hände vor dem Mund zu halten statt im Konflikt mit der Fifa deutlich Flagge zu zeigen, unterstrich die völlige Hilflosigkeit der Bosse des größten nationalen Sportverbandes der Welt nach den angedrohten Strafen des Turnier-Ausrichters. Das Bild wirkte lächerlich. Dass nach einem Bericht der ARD-Sportschau die Vorgänge um die Spielführer-Binde die Nationalmannschaft stärker als bisher angenommen beschäftigt habe, markiert einmal mehr das Ungeschick der nach Katar mitgereisten deutschen Funktionäre. Das gilt auch für die Meldung, wonach sich ein Großteil des Teams „instrumentalisiert“ geführt habe, als nach dem Fifa-Verbot der „One-Love“-Binde eine alternative Geste gesucht wurde. Diese Begebenheiten sind vom DFB bei seiner Analyse über die Tage im Emirat genauso gründlich aufzuarbeiten wie der sportliche Niedergang der zur Weltmeisterschaft am Persischen Golf abgeordneten deutschen Kicker.

Analyse

Die offenbaren Defizite der DFB-Auswahl, die in drei Spielen fünf Gegentreffer hinnehmen musste, wurden im Fernsehen vom ARD-Experten Sebastian Schweinsteiger mit deutlichen Worten klar benannt. Seine Analyse war glashart. Das fundamentale Problem sei, „dass wir den Gegner oft einladen. Der nutzt das aus, macht die Tore und bringt uns in Schwierigkeiten“, war die zutreffende Einschätzung des ehemaligen Nationalspielers zum Scheitern des viermaligen Weltmeisters in Vorderasien. Nach der Ansicht des lange bei Bayern München erfolgreich wirkenden Mannes müsse der deutsche Fußball wieder da hinkommen, „dass wir Führungsspieler ausbilden, die, wenn es schwierig wird oder mal 0:0 steht, diese Spiele kontrollieren“. Eine Aufgabe, die etliche Beobachter von Joshua Kimmich erwartet hatten. Obwohl der 27-jährige vom deutschen Rekordmeister beim Wettbewerb im arabischen Wüstenstaat in den drei Partien über die volle Distanz ging, waren seine Taten nur leidlich. Und dies in fünf von sechs Halbzeiten auf seiner Wunschposition im Zentrum als Sechser und ebenso als Rechtsverteidiger in der ersten Hälfte beim 4:2 gegen Costa Rica.

Defizite

Die berechtigten Besorgnisse über den Zustand der Nationalelf waren gleichfalls aus der Kolumne von Philipp Lahm für das „RedaktionsNetzwerk Deutschland“ zu vernehmen. Die Auswahl des DFB habe zwar „viele gute Spieler, tolle Talente“, meinte der DFB-Direktor für die Euromeisterschaft 2024, „aber sie müssen auf diesem Niveau Verantwortung übernehmen. Die Mannschaft wirkt führungslos“. Die Beurteilung des Kapitäns der deutschen Weltmeistercrew von 2014 sparte auch den Coach Hansi Flick nicht aus: „Unsere Innenverteidiger sind körperlich stark, aber sie haben Defizite, wenn es um taktische Disziplin geht.“ Zu dieser Kritik gehören nach Meinung des Verfassers dieser Zeilen ebenso die unerklärlichen Rausnahmen des Bundestrainers von Ilkay Gündogan und Thomas Müller bei der 1:0-Führung gegen Japan und die verspäteten Einwechselungen des torhungrigen Niclas Füllkrug in den Begegnungen mit Spanien und Costa Rica. Kurzum: Bei der Dachorganisation der insgesamt 27 deutschen Fußballverbände sind nach der herben Enttäuschung bei der WM 2022 viele Dinge und Personalien auf dem Prüfstand zu stellen.