Ferdinand Fabra wird 100 Jahre alt

Ein Rückblick auf den Sportlehrer von Hans Zaremba

Obwohl ihn seine Laufbahn als Fußballtrainer zu vielen Stationen und in verschiedene Städte führte, ist der Werdegang des Turn- und Sportlehrers Ferdinand Fabra sehr eng mit Lippstadt und dem Ostendorfgymnasium verbunden. Am heutigen Sonntag, 8. Oktober, kann diese bedeutende Persönlichkeit, die nach dem Tod seiner Ehefrau Anfang der 90er Jahre Lippstadt verlassen hat und nun bei seinem Sohn Matthias in Hamburg lebt, auf die Besonderheit von 100 Lebensjahren zurückschauen. Dazu wird für Ferdinand Fabra an seinem Geburtstag im Lippstädter Hotel „Drei Kronen“ ein Empfang ausgerichtet.

Ferdinand Fabra als Pate bei der Gründung der Lippstädter BVB-Freunde.Als ältester Teilnehmer mit 93 Jahren und Ehrengast nahm Ferdinand Fabra (Bildmitte) im Mai 2000 an der konstituierenden Versammlung der OPTIMISTEN teil. Auf dem Bild wird der heute 100 Jahre alt werdende frühere Lehrer des Ostendorfgymnasiums und vormalige Fußballtrainer von den ehemaligen Nationalspielern Lothar „Emma“ Emmerich (links) und Alfred „Aki“ Schmidt umrahmt. Mit im Bild auch der Chefoptimist Bernhard Scholl (dritter von links)und der Öffentlichkeitsarbeiter der OPTIMISTEN und Autor des Beitrages über Ferdinand Fabra, Hans Zaremba (rechts).

Von Geseke nach Lippstadt

Als drittes von zehn Kindern des selbständigen Textilkaufmanns Wilhelm Fabra und dessen Ehefrau Paula wurde Ferdinand Fabra am 8. Oktober 1906 im benachbarten Geseke geboren. Von der Geseker Bürgerschule führte sein Weg als Schüler bereits an die Lippe und auf das Lippstädter Ostendorfgymnasium. Dadurch entstand eine Verbindung, die für Ferdinand Fabra nach seiner Zeit als Pennäler auch noch in späteren Jahren als ausgebildeter und aktiver Pädagoge und auch als Pensionär bestehen bleiben sollte. Nach der Ablegung der Reifeprüfung an der städtischen Oberschule in Lippstadt im Herbst 1926 nahm der Abiturient im Wintersemester 1927/28 an der deutschen Hochschule für Leibesübungen in Berlin das Studium für die Ausbildung zum Diplomsportlehrer mit seinen Lieblingsdisziplinen Fußball, Tennis und Schwimmen auf. Während der Studentenzeit schloss er sich dem damaligen Oberligisten Preußen Berlin an und spielte für diesen Fußballclub im Sturm.

1936 „Leihkraft“ für Finnland

Als er am 10. April 1931 sein Examen bestand, hatte Ferdinand Fabra schon eine Stelle als „hauptamtlicher Sportlehrer“ beim VfB Coburg 07, wo er bis zum Jahreswechsel 1931/32 tätig blieb. Ab 1935 gehörte er – zusammen mit dem späteren Nationaltrainer Sepp Herberger – dem sogenannten Gausportllehrerkollegium an, in dessen Händen beim Deutschen Fußballbund (DFB) die Nachwuchsarbeit und Qualitätssicherung lag. Von April bis August 1936 war der Mann mit dem „ausgewiesenen Fußballsachverstand“ (wie ihn später der erste Nationalspieler aus den Reihen der Dortmunder Borussia, August Lenz, folgerichtig beschrieb) als „Leihkraft“ für den Finnischen Fußballverband tätig. In Helsinki bereitete er die Kicker von Finnland auf ihre Teilnahme an den Olympischen Spielen in Berlin vor und war in der deutschen Hauptstadt auch ihr Betreuer. Als taktische Variante bevorzugte der Coach der Finnen die englische Spielweise mit dem WM-System.

1945 zurück nach Lippstadt

Von 1938 bis 1939 wirkte Ferdinand Fabra als Übungsleiter der schlesischen Auswahl, mit der er im Reichsbundpokal im Finale einen 2:1 Sieg über Bayern landen konnte. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 wurde er Luftwaffensoldat. Da im damaligen deutschen Reich bis zum November 1942 noch Fußballspiele ausgetragen wurden, konnte der Sportpädagoge auch als Wehrmachtsangehöriger weiterhin für den DFB arbeiten. Zum Kriegsende wurde er zu Flakeinsätzen in den Westen befohlen und geriet dadurch in amerikanische Gefangenschaft, aus er im Oktober 1945 nach Lippstadt zurückkehrte. Entlohnt durch Naturalien trainierte Ferdinand Fabra fortan die Bezirksligisten VfL Geseke, Borussia Lippstadt, SuS Menden und VfR Marsberg, bevor er sich infolge seiner guten und alten Verbindungen im Herbst 1946 aus der Region verabschiedete und beim Oberligisten Wolfenbüttel in Niedersachsen anheuerte.

Mit dem BVB Westfalenmeister

Kein Geringerer wie die Dortmunder Fußballikone August Lenz, war es, auf die im März 1947 die Verpflichtung von Ferdinand Fabra als Trainer des Traditionsvereins aus dem Ruhrgebiet zurückging. Der aus dem Krieg und anschließenden alliiertem Gewahrsam in seine Heimatstadt zurückgekehrte Torjäger hatte den Übungsleiter 1935 beim DFB kennen und schätzen gelernt. Diese Einstellung sollte sich auch schon bald für Borussia Dortmund auszahlen. Wenige Monate später gab es für die Schwarzgelben die erste Meisterschaft ihrer Geschichte zu feiern, als sie in einem legendären Spiel am Schloss Strünkede in Herne den FC Schalke 04 im Kampf um die „Westfalenmeisterschaft“ mit 3:2 besiegten. Mit Ablauf der Saison 1947/48 endete die gute Zusammenarbeit zwischen dem Chef auf der Bank und den Verantwortlichen des Vereins vom Borsigplatz. Die Borussen konnten – so war die Situation damals – ihrem Fußballlehrer keine angemessene Wohnung zur Verfügung stellen. Der Weg von Ferdinand Fabra führte ihn mit großen Erfolg zu Borussia Neunkirchen, Preußen Münster – mit denen er 1951 in das Endspiel um deutsche Fußballmeisterschaft gegen die von Fritz Walter angeführte Elf des 1. FC Kaiserslautern einzog – und zur Spielvereinigung Fürth.

Verdienste um das Ostendorf

Aus familiären Gründen gab Ferdinand Fabra 1954 das Vagabundenleben als Trainer auf und kehrte nach Lippstadt zurück und stellte sich in den Dienst des Ostendorfgymnasiums. An seiner alten Schule seiner Jugend lehrte er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1972. Zwar aus dem offiziellen Schuldienst ausgeschieden, stellte er sich bis 1978 der Bildungseinrichtung am Cappeltor weiterhin zur Verfügung. In den letzten drei Jahren seines Wirkens am Ostendorf hat er über den Sport hinaus auch noch in den Klassen fünf und sechs Mathematikunterricht erteilt. Die Bildungsstätte am Cappeltor bescheinigte ihm zum Abschied, sich äußerst nachhaltig für das gesamte Schulleben eingesetzt zu haben. Die in seiner Ägide gebildeten Gruppen für Tennis und Schach sind eine Hinterlassenschaft der erfolgreichen Tätigkeit von Ferdinand Fabra für das städtische Gymnasium. „Durch seine zuvorkommende Art hat er sich bei Kollegen, Schülern, Eltern und in der Öffentlichkeit ein hohes Ansehen erworben“, würdigte der Chronist der Schule, Michael Morkramer, in dem Jahresheft 2002/2003 die Verdienste des heute 100 Jahre alt werdenden Ferdinand Fabra für die Ostendörfler.

Starke Verbundenheit zum BVB

Seine starke Verbundenheit mit dem schwarzgelben Fußball stellte Ferdinand Fabra im Mai 2000 erneut heraus, als sich in seinem Beisein und der ehemaligen Dortmunder Fußballnationalspieler Lothar „Emma“ Emmerich und Alfred „Aki“ Schmidt die Lippstädter BVB-Freunde von den OPTIMISTEN zu ihrer Gründungsversammlung trafen. Dabei fand der damals mit 93 Jahren älteste Teilnehmer der Zusammenkunft in dem Lokal „Zum Krug“ in der Pappelallee viele lobende Worte für die Begeisterung der Lippstädter BVB-Fans, „in diesen nicht einfachen Zeiten für die Borussia diesen Kreis zu bilden“ und bezog sich auf die damalige prekäre Situation der Dortmunder im Bundesligaabstiegskampf des Frühjahrs 2000. Es müssen schon sehr emotionale Jahre gewesen sein, die Ferdinand Fabra mit seiner Zeit beim BVB 09 verbinden. So stellte er unterdessen seinem früheren Club für dessen Archiv und Museum zahlreiche sporthistorisch sehr wertvolle Dokumente – vielfach Originale – aus seinem Trainerleben zur Verfügung, die während der Fußballweltturniers in diesem Sommer auch in der WM-Galerie in Dortmund zu sehen waren.