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Hans Zaremba über das Dilemma des DFB

Der Kontrast im deutschen Sport hätte am vergangenen Sonntag nicht größer sein können: Auf der einen Seite ein historischer Basketball-Triumph, auf der anderen Seite das Fußball-Debakel. Während die Korbballer eine mannschaftliche Geschlossenheit und Nervenstärke zeigten, versumpft der Kickersport ins Mittelmaß.

Für ihn ist Julian Nagelsmann nicht die Lösung:
Das meint der Chronist der Lippstädter BVB-Freunde, Hans Zaremba, in seiner Bewertung zur Krise beim DFB.

Düstere Einwicklung  

Obwohl ein Novum in der seit dem 28. Januar 1900 währenden Geschichte des DFB (Deutscher Fußball-Bund) war die nach der Blamage der Nationalelf mit dem 1:4 gegen Japan verfügte Freistellung von Hansi Flick aufgrund der vorausgegangenen Schlappen und dem vorzeitigem Aus bei der Weltmeisterschaft in Katar notwendig. Die Statistik des bisherigen Coachs ist miserabel: Nur vier Siege aus den letzten 17 Begegnungen zeugen von einer Entwicklung, die das sportliche Dilemma der DFB-Auswahl unmissverständlich belegt. Angesichts der düsteren Perspektiven nutzte es dem einstigen Bundesligaspieler von Bayern München (1985-1990) und des 1. FC Köln (1990-1993) nichts, nach dem Antritt seines Jobs als Erbe von Joachim Löw mit acht Siegen einen Startrekord erreicht zu haben. Übrigens: Keiner der zehn Vorgänger von Hansi Flick wurde herausgeworfen, wenngleich auch einige von ihnen nicht größere oder kontinuierliche Erfolge erbringen konnten. Vor dem Hintergrund der vom DFB angestrebten Aufarbeitung des Scheiterns beim Turnier im Emirat auf der Arabischen Halbinsel hat die von ihm eingesetzte Taskforce kläglich versagt. Immerhin war sie mit bedeutenden Männern besetzt: Bernd Neuendorf (DFB-Präsident), Hans-Joachim Watzke (BVB-Boss), Karl-Heinz Rummenigge (einstiger Bayern-Vorstandschef), Matthias Sammer (BVB-Berater), Oliver Mintzlaff (Wirtschaftsmanager), Oliver Kahn (inzwischen geschasster Bayern-Vormann), und Rudi Völler (DFB-Sportdirektor). Und  die Erwartungen in Bernd Neuendorf als Nachfolger mehrerer gescheiterter Vorgänger auf dem DFB-Präsidentenstuhl waren gleichfalls beträchtlich, womöglich viel zu groß. Die unterdessen registrierten Worte des Multifunktionärs Hans-Joachim Watzke zur Nachwuchsförderung haben die Defizite in der strategischen Ausrichtung  aufgezeigt. Kurzum: Der deutsche Fußball offeriert sich als ein Tal der Tränen.

Keine Alternativen

Über das Werben nach einem geeigneten und durchsetzungsfähigen Übungsleiter für seine Nationalelf hinaus sucht der DFB ebenso eine Person für die Sport-Geschäftsführung, da die für dieses Amt designierte Ex-Nationalspielerin Nadine Keßler vor einer Woche dem größten deutschen Sportverband einen Korb gegeben hat. Eine Verpflichtung der 35-jährigen hätte ohne Zweifel ein revolutionärer Schritt sein können. Als erste Frau in dieser Funktion wäre sie sowohl für das Frauenteam als auch für die A-Nationalmannschaft der Männer verantwortlich gewesen. Über die Beweggründe der gegenwärtigen Abteilungsleiterin bei der Europäischen Fußball-Union (UEFA) lässt sich reichlich spekulieren. Auffallend ist jedoch, dass die zuvor geführten Verhandlungen mit Sami Khedira, ein Mitglied der 2014er-Weltmeister, offensichtlich gescheitert waren. Mit seiner Personalfindung tut sich der DFB offenbar schwer. Wer auch immer künftig das Zepter als Trainer der Männer-Nationalmannschaft schwingen wird, dem steht eine riesige Herausforderung bevor. Neun Monate vor der Europameisterschaft im eigenen Land sind eine wahrlich kurze Zeit, um ein homogenes Team zu formen und es zu einem Triumph vor heimischer Kulisse zu führen. Zu den vielen von Hansi Flick bei den verschiedenen Auftritten nach dem völlig verkorksten Wettbewerb in Vorderasien geholten Kickern wird es kaum noch echte Alternativen geben. Ob der von den Medien hochgejazzte Julian Nagelsmann der künftige Bundestrainer sein wird, bleibt abzuwarten. Er ist ein Mann, der bislang lediglich Vereinsmannschaften betreut hat und mit seinen 36 Jahren wohl noch zu jung ist, um die DFB-Elf rasch in die internationale Spitze zurückzuführen. Vielleicht muss der Interimstrainer Rudi Völler doch bis zum Ende der Euromeisterschaft als Teamchef bleiben. Das erfreuliche 2:1 von Deutschland gegen Frankreich am Dienstag in Dortmund könnte dafür ein erster Wink gewesen sein.