Der Bundesligarückblick von Hans Zaremba
Während sich mit dem Ende der Spielzeit 1983/84 der im Sommer 1974 von Lippstadt nach München gekommene Karl-Heinz Rummenigge durch seinen Wechsel zu Inter Mailand aus dem deutschen Fußballoberhaus verabschiedete, sollten nach dem Fall der Mauer am 9. November 1989 viele andere herausragende Fußballer aus der kurz von ihrer Auflösung stehenden DDR die Bundesliga bereichern. Zu den bekanntesten und erfolgreichsten Kickern aus der Oberliga des untergegangenen Staates zwischen Elbe und Oder zählen Michael Ballack, Thomas Doll, Ulf Kirsten und Matthias Sammer.
1983/84
Eine Überraschung war der VfB Stuttgart, der 1984 bei der damals noch bestehenden Zwei-Punkte-Regelung mit 48:20 Zählern durch das bessere Torverhältnis vor den punktegleichen Teams aus Hamburg und Gladbach die Schale ergatterte. Betreut wurden die Schwaben von Helmut Benthaus, der damit als erster Akteur in der Bundesliga sowohl als Spieler (1964 mit Köln) auch als Coach (1984 mit Stuttgart) die Meisterschaft gewann. Dies glückte nach ihm noch Jupp Heynckes, Franz Beckenbauer, Matthias Sammer, Thomas Schaaf und Felix Magath. Für Karl-Heinz Rummenigge war 1984 das Kapitel als Bundesligaprofi beendet. Für die zu jener Zeit weltweit zweithöchste Ablöse von rund elf Millionen Mark ging der nach Gerd Müller erfolgreichste Münchener Torschütze zu Inter Mailand. Diese Summe wurde im selben Jahr lediglich durch den Transfer von Diego Maradona von Barcelona zu Neapel (24 Millionen Mark) übertroffen. Der einstige Lippstädter konnte jedoch südlich der Alpen an seine vormaligen Leistungen nicht mehr anknüpfen und heuerte 1987 zum Abschluss seiner aktiven Laufbahn noch für zwei Jahre in Genf an.
1984/85
Die Spielzeit 1984/85 (Udo Lattek war nach seiner Rückkehr an die Isar dort in der zweiten Saison wieder Übungsleiter) bescherte den Bayern die achte Meisterschaft, derweil sind es 23. Einer ihrer besten Spieler war der heutige Rekordinternationale Lothar Matthäus, der aus Gladbach kommend im Juli 1984 zum ersten Mal in München unter Vertrag stand. Für Braunschweig, seit dem Ligastart am 24. August 1963 ständig dabei und 1967 gar Meister, bedeutete die 22. Runde den Gang in die Zweitklassigkeit. Damit rutschen die Niedersachsen aus dem Blickwinkel, pendelten häufig zwischen 2. Liga und Regionalliga, schafften erst im Frühjahr 2013 nach 28 Jahren den Wiederaufstieg in die Bundesliga.
1985/86
Die Saison 1985/86 ist schnell geschildert: Meister wurde Bayern vor Werder, wobei ein verschossener Elfer des Bremers Michael Kutzop in der 88. Minute am 22. April 1986 gegen München den Ausschlag gab und der Schütze zur tragischen Person wurde. Vier Tage später zum Saisonabschluss haben die Münchener und Hanseaten dieselbe Punkteausbeute (49:19), aber die Männer von der Weser das schlechtere Torverhältnis. Fußballer des Jahres wurde der Kölner Keeper Toni Schumacher, der auch am 29. Juni 1986 in Mexiko im WM-Finale für Deutschland gegen Argentinien (2:3) im Kasten stand.
1986/87
Mit dem dritten Gewinn der Schale in Folge stellte Bayern 1987 einen seiner vielen Rekorde auf. Zum Saisonende schied Udo Lattek (1972, 1973 und 1974 mit München sowie 1976 und 1977 mit Gladbach Meister und 1985, 1986 und 1987 erneut mit den Bayern Titelgewinner) von der Säbener Straße. Der erfolgreichste deutsche Vereinscoach wäre wohl gern geblieben, doch Manager Ulrich Hoeneß verweigerte ihm den gewünschten längerfristigen Vertrag. Ins Abseits geriet auch Toni Schumacher durch sein Buch „Anpfiff“, in dem er behauptet, dass in der Bundesliga gedopt werde. Die Konsequenz waren die Rauswürfe in Köln und aus der Nationalelf, es folgte für ihn der Weggang über Schalke in die Türkei.
1987/88
Mit seinem Duo Otto Rehhagel (Trainer) und Willi Lemke (Manager) holte Werder 1988 die lang ersehnte zweite Meisterschaft an die Weser. Gewinner beim „Tor des Jahres“ in 1987, Torschützenkönig (19 Treffer) und Fußballer des Jahres in 1988 wurde Jürgen Klinsmann VfB Stuttgart), der später als Nationalstürmer beim WM-Gewinn 1990 und als DFB-Coach beim Sommermärchen 2006 in den Mittelpunkt rückte.
1988/89
Jupp Heynckes, der Udo Lattek 1979 am Gladbacher Bökelberg und 1987 an der Isar beerbte, konnte 1989 mit den Bayern seinen ersten Meistertitel als Trainer feiern. Mit Hannover mussten auch die Stuttgarter Kickers das Oberhaus verlassen, womit erneut unterstrichen wurde, dass sich zwei Vereine aus einer Stadt in der Bundesliga nur schwer halten können. Dies erlebten auch Bochum (mit dem VfL und Wattenscheid), Hamburg (HSV und St. Pauli), Köln (1. FC und Fortuna) und München (Bayern und 1860).
1989/90
Als 1989 die Mauer fiel, drängten plötzlich auch viele Fußballer aus der (Noch-) DDR in die Bundesliga. Eine Woche nach dem historischen Ereignis von Berlin belagerten die Spielervermittler bereits die besten Kicker in Mitteldeutschland. Leverkusens Manager Reiner Calmund präsentierte noch im Dezember 1989 mit Andreas Thom von Dynamo Berlin den ersten legalen Transfer aus der DDR in die Bundesliga. Bayern bekam im Mai 1990 mit Übungsleiter Jupp Heynckes zum 12. Male die Meisterschale und die Nationalelf gewann im Juli 1990 mit Teamchef Franz Beckenbauer in Rom (1:0 gegen Argentinien) zum dritten und vorerst letzten Mal den Weltpokal. Der deutsche WM-Kapitän Lothar Matthäus, auf dem Zenit seiner Karriere und mit dem Endspiel-Torschützen Andreas Brehme und Mittelstürmer Jürgen Klinsmann Angestellter von Inter Mailand, wurde in Deutschland, Europa und weltweit jeweils zum Fußballer des Jahres gekrönt.
1990/91
Stefan Kuntz, heute Vorstandschef in Kaiserlautern, war 1990/91 mit elf Treffern der Garant der überraschenden Pfälzer Meisterschaft und wurde 1991 von den Sportjournalisten zum „Fußballer des Jahres“ gewählt. Mit dem Frankfurter Karl-Heinz „Charly“ Körbel trat im Mai 1991 ein Spieler ab, der bis heute mit 602 Bundesligaeinsätzen unangefochten den Rekord vor den ehemaligen Profis Manfred Kaltz aus Hamburg (581) und Oliver Kahn aus München (557) hält.
1991/92
In 1991/92 galt lange die Frankfurt als Meisterschaftsfavorit. Ausgerechnet am letzten Spieltag wurde die Eintracht Opfer ihrer eigenen Nerven, als sie sich beim Absteiger Rostock mit 1:2 vom Titeltraum verabschieden musste. Ähnliches erlebten auch die Dortmunder mit dem 1988 von München geholten früheren Lippstädter Michael Rummenigge als Spielführer, als sie in Duisburg mit 1:0 führten und sich bereits als Meister sahen. Doch in der 86. Minute köpfte Guido Buchwald in Leverkusen seinen VfB Stuttgart zum 2:1 und zur Meisterschaft.
1992/93
Seine außergewöhnliche Bremer Zeit veredelte Otto Rehhagel, 1963 Hertha-Verteidiger und von 1981 bis 1995 Werder-Übungsleiter, 1993 mit seiner zweiten Meisterschaft. Zudem umfasst seine Bilanz an der Weser vier Vizemeisterschaften (1983, 1985, 1986 und 1995) sowie die Siege im DFB-Pokal (1991 und 1994) sowie im Europacup der Pokalsieger (1992).
Ausblick
In der Ausgabe am Sonntag, 21 Juli, folgt die Dekade von 1993/94 bis 2002/03, die unter anderem die Wiedergeburt von Borussia Dortmund mit drei deutschen Meisterschaften (1995, 1996 und 2002) und dem Sieg in der der Champions-League (1997) sowie dem einzigartigen Lauf von Otto Rehhagel als Trainer in Kaiserslautern vom Bundesligaaufstieg in 1997 bis zum Gewinn der Meisterschale in 1998 erlebte.