Reizfigur und fürsorglicher Chef

Hans Zaremba über Uli Hoeneß in Lippstadt

Für viele ist er die Reizfigur im Fußball schlechthin, während andere ihn zum besten Fußballmanager in Deutschland und Europa erhoben haben. Von Uli Hoeneß, dem Präsidenten des FC Bayern, ist die Rede, der vier Tage nach der für seinem Club endgültig an Borussia Dortmund entgangenen Deutschen Meisterschaft 2012 und drei Tage vor dem deutschen Pokalfinale in Berlin, wo sein Verein erneut auf den Meister BVB 09 trifft, zu einem höchst interessanten Abend nach Lippstadt gekommen war.

Erinnerung an einen bemerkenswerten Abend in Lippstadt:Von links nach rechts der Chronist der Lippstädter BVB-Freunde, Hans Zaremba, der Präsident des FC Bayern München, Uli Hoeneß, und die Bayern-Fans Michael Keuper (Paderborn) und Wolfgang Schomberg (Arnsberg).

Hochkaräter

Es war die Sparkasse in Lippstadt, der es gelungen war, den 60jährigen Fußballfunktionär zwischen zwei so bedeutenden Ereignissen von der Isar an die Lippe zu locken. Zudem noch an einem Tag, wo sein langjähriger Freund und heutige Bayern-Coach Jupp Heynckes sein 67. Lebensjahr vollendete und alles ohne vertragliche Vereinbarung, was der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse, Jürgen Riepe, auf der Theaterbühne betonte. Für den Manager galt die Zusage, die er dem Lippstädter Institut bereits vor vielen Monaten auf ihre Anfrage gegeben hatte. Vorab ein Resümee: Es hat sich für alle Besucherinnen und Besucher gelohnt, an diesem Abend im restlos besetzten Lippstädter Stadttheater dabei gewesen zu sein. Der Sparkasse, die derartige Veranstaltungen in ihrer Reihe „Forum Zukunft“ seit zehn Jahren in dem am Cappeltor beheimateten Musentempel anbietet, konnte nach dem im Vorjahr aufgebotenen und unterdessen zum Bundespräsidenten gewählten Joachim Gauck mit dem Mitglied der deutschen WM-Mannschaft von 1974 wiederum einen echten „Hochkaräter“ präsentieren. Im Gespräch mit dem bekannten Sportjournalisten und Fußballkommentator Marcel Reif skizzierte der seit 1970 als Spieler, Manager und Vereinspräsident mit Bayern München verbundene Uli Hoeneß seine Positionen zum Thema „Strategie, Werte und Führung“.

Lob für den BVB

Für etliche war es bemerkenswert, was der am 5. Januar 1952 geborene und zweifache Familienvater zum Profisport und Unternehmertum, aufgezeichnet am Beispiel des FC Bayern München, formulierte. Da waren vom „Meister der Attacke“, wie er oft nach seinen emotionalen Ausbrüchen beschrieben wird, auch viele nachdenkliche und selbstkritische Töne zu hören. Dazu zählte auch das Lob, das er vor den reichlich in dem vom früheren Lippstädter Bürgermeister und einstigen DFB-Schatzmeister Jakob Koenen (SPD) vorangetriebenen Stadttheaterbau vertretenen BVB-Fans dem Doppelmeister und viermaligen Bayern-Bezwinger der Spielzeiten 2010/11 und 2011/12, Borussia Dortmund, zollte. Insbesondere hob der Aufsichtsratsvorsitzende der FC Bayern München AG neben der fußballerischen Auferstehung der Dortmunder in der Regie von Trainer Jürgen Klopp auch deren wirtschaftliche Erfolge in Verantwortung des Geschäftsführers Hans-Joachim Watzke nach der knapp entgangenen Insolvenz von 2004 hervor. Auch den langjährigen Erzrivalen der Schwarzgelben, den FC Schalke 04, sah er auf dem Weg, sich sportlich und finanziell auf Dauer in der oberen Etage der Liga zu etablieren

Philosophie

Skeptisch bewertete er dagegen die Entwicklungen im europäischen Ausland, wo in Spanien, Italien und auch England nicht wenige Traditionsvereine trotz ihrer großen Erfolge in den internationalen Wettbewerben arg überschuldet seien. Uli Hoeneß erwartet von der Uefa auf Dauer energische Maßnahmen, um diesen für den Fußball unheilvollen Prozess zu stoppen, und berichtete dem Lippstädter Publikum von seinen Kontakten mit dem Uefa-Chef Michel Platini. Auch schilderte der Sohn eines Metzgermeisters aus Ulm seine Arbeit als Wurstfabrikant. Der in Nürnberg angesiedelte fleischverarbeitende Betrieb wurde von ihm 1985 gemeinsam mit dem Unternehmer Werner Weiß gegründet und wird heute vom Hoeneß-Sohn Florian Hoeneß als dessen Geschäftsführer geleitet. Auffallend war auch, wie der oft raubeinig in der Öffentlichkeit agierende Uli Hoeneß seine Philosophie als Chef der 300 Mitarbeiter in Nürnberg und der 400 Angestellten beim FC Bayern München darlegte. Da war viel von Fürsorge des ihm als „Patron“ anvertrauten Personals zu vernehmen, wozu er auch einige Beispiele anführte. Nicht von ungefähr ist er für seine Hilfsbereitschaft und sein gesellschaftliches Engagement in den letzten Jahren verschiedentlich gewürdigt worden.