Mehr als Borussia Dortmund und FC Schalke 04

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Hans Zaremba über eine Ausstellung über den Ruhrgebietsfußball

Das Herz des deutschen Fußballs schlägt im Ruhrgebiet. Es war kein Geringerer als Franz Beckenbauer, der diesen Spruch prägte. Dass dieses Urteil des ehemaligen Spielführers der deutschen Nationalelf und des heutigen Organisationschefs der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland zutreffend ist, belegt eine Wanderausstellung über den Revierfußball, die bis vor wenigen Tagen im Technischen Rathaus von Hamm zu betrachten war und in den kommenden Monaten bis zum Fußballweltturnier 2006 auch in weiteren Städten von Nordrhein-Westfalen zu besichtigen ist.

Von Gelsenkirchen bis nach Dortmund

Die vom Forschungsinstitut für Sport und Gesellschaft e.V. in Essen entwickelte Ausstellung zeigt einmal mehr, dass der Fußball gerade im Ruhrgebiet auch abseits der großen Arenen und Stadien eine Tradition hat, die wohl nirgendwo sonst in Deutschland in dieser auffälligen Form anzutreffen ist. Der Kickersport im Revier ist und war schon immer mehr als nur der Wettkampf der beiden Erzrivalen mit der schwarzgelben Sportbekleidung von Borussia Dortmund und in den blauweißen Trikots vom FC Schalke 04. Die ganze Begeisterung und die ebenso große Leidenschaft der Menschen an Emscher und Ruhr für das Spiel mit dem Ball waren und sind sicherlich Motive genug, der Geschichte des Fußballs in dieser Region eine eigene Präsentation zu widmen. Die Exponate der durchaus sehenswerten Sammlung werden in insgesamt 15 Städten des Ruhrgebiets dargestellt. Seit ihrem im Frühjahr in Gelsenkirchen, der Heimatkommune der Schalker, vollzogenen Start wandert nun diese Ausstellung von Stadt zu Stadt. Nach ihrer Station in Hamm ist sie jetzt seit dem 21. Oktober und bis zum 6. November in Witten zu sehen. Sie wird im kommenden Jahr vom 4. Juni bis 10. Juli in Dortmund, dem Geburtsort der Borussen vom Borsigplatz, ihre Tour beenden und somit das Band zwischen den beiden Revier-Spielstätten der Weltmeisterschaft 2006 und der ruhmreichen Clubs von FC Schalke 04 und dem BVB 09 schließen.

Vom Elitesport zur Sportart Nummer eins

Die mit Akribie zusammengetragenen Dokumente um die Geschichte der Jagd nach dem vormals runden Leder, das unterdessen von einem aus Kunststoff produzierten Spielgerät abgelöst worden ist, vermittelt selbst dem vermeintlichen Fußballexperten Dinge, die ihm bis dato in dieser Form noch nicht bekannt waren. Wer heute vom Fußball spricht, verbindet dies mit dem Sport für den „kleinen Mann“. Dass dieses Attribut nicht immer seine Berechtigung hatte, vermittelt das Kapitel „Fußball wird Volkssport“, wo der Besucher erfährt, dass zum Ende des vorletzten Jahrhunderts Fußball an den Gymnasien gelehrt wurde und die Arbeiter lediglich Zaungäste waren. Durch ihre langen Arbeitszeiten hatte der überwiegende Teil der Werktätigen überhaupt keine Möglichkeit, sich dieser Sportart aktiv hinzugeben. Doch vom ehemaligen Elitesport hat sich der Fußball bekanntlich zur Sportart Nummer eins und der „schönsten Nebensache der Welt“ entwickelt und seine Spiele von der Kreisklasse bis zur Bundesliga ziehen Woche für Woche immer wieder zigtausend Fans auf die Sportplätze und in die Arenen.

Das ganze Drum und Dran des Fußballs

Die Fotos und die schriftlichen Abfassungen der Ausstellung stellen aber keine Lobpreisung des Fußballs dar, sondern vermitteln jenes Drum und Dran, das der Fußball insgesamt und in der Region zwischen Duisburg und Hamm mit sich bringt. Diese Absicht ist den Organisatoren ohne Einschränkung gelungen, was insbesondere schon die kurzen Texte verdeutlichen. Die vorgenommene Aufteilung in mehrere Kapitel erleichtert darüber hinaus dem Besucher, sich in der Galerie des Fußballs im Ruhrpott besser zurecht zu finden. Abgerundet wird diese Illustration in Bildern und Worten mit einem Videofilm über die an den Wandtafeln dokumentierte Historie. Bemerkenswert ist zudem, dass auch der jeweilige lokale Fußball in die Darbietungen vor Ort einbezogen wird. So war in Hamm der Partnerverein die Spielvereinigung von 03/04, die als Verbandligist um Tore und Punkte kämpft, während das Märkische Museum sich in Sportleistungskursen unter ganz unterschiedlichen Aspekten mit der Fußballgeschichte und der heutigen Situation im Hammer Fußball beschäftigt hat.

Auch Lippstadt ein Ort der Ausstellung?

Das jetzt in Hamm dargebotene und bis zur Weltmeisterschaft der Fußballer im kommenden Sommer in anderen Kommunen des Ruhrgebiets zu betrachtende Werk sollte nach dem Fußballfest in Deutschland auch in Lippstadt den heimischen Fußballfreunden zugänglich gemacht werden. Dies nicht zuletzt auch mit Blick auf die lange Fußballtradition der Vorläufervereine des Spielverein 08, dessen Ursprünge in der roten Borussia vom Lipperbruchbaum und den schwarzen Teutonen vom Waldschlößchen beheimatet sind, und der an der momentanen Wanderausstellung federführend beteiligte Fußball- und Leichtathletikverband Westfalen e.V. mit dem ehemaligen Bürgermeister Jakob Koenen einen langjährigen und verdienstvollen Präsidenten aus Lippstadt an seiner Spitze hatte.

Konzentration durch Profifußball.Eine der vielen Stelltafeln einer sehenswerten Ausstellung über den Ruhrgebietsfußball.