Anmerkungen von Hans Zaremba
Als der TSV 1860 München im Mai 1966 mit dem identitätsstiftenden Meistertitel und seinen damaligen Stars von Petar Radenković über Rudi Brunnenmeier bis zu Peter Grosser in der Blütezeit seiner Erfolge stand, gab es den SC Paderborn 07 noch nicht. Ein halbes Jahrhundert später scheint der Sportclub aus dem benachbarten Hochstift, der sich selbst nach drei Abstiegen in einer schweren Krise befindet, ein unerwarteter Nutznießer vom jahrelangen Niedergang des Traditionsvereins an der Isar zu werden.
Selbstverliebtes Gebaren
Durch die Pleite in der Relegation gegen Jahn Regensburg (1:1 und 0:2) war das Schicksal des TSV 1860 München als Zweitligist besiegelt und infolge der beim DFB in Frankfurt nicht fristgerecht eingereichten Unterlagen wurde ihm logischerweise auch die Startberechtigung für die dritte Liga verwehrt. Damit ist das seit dem Bundesligaabstieg im Mai 2004 abzeichnende Verhängnis der Löwen aus Giesing an seinem (vorläufigen) Tiefpunkt angelangt. Ob sich das Gründungsmitglied der Bundesliga von 1963 von diesem tiefen Sturz jemals erholen wird, lässt sich nicht prognostizieren. Der Verschleiß mit fünf Präsidenten, elf Sportdirektoren und Geschäftsführer sowie zehn Trainer in den letzten sechs Jahren hat das Renommee des Vereins enorm beschädigt. Speziell durch das selbstverliebte Gebaren des im Jahr 2011 beim TSV 1860 als Geldgeber eingestiegenen jordanischen Geschäftsmannes Hasan Ismaik wurde der Verfall beim Lokalrivalen der Bayern fortwährend beschleunigt.
Finanzielle Schieflage
Mit der Bekanntgabe der Nachricht aus Frankfurt, dass der Deutsche Meister von 1966 nach seinem erneuten Abschied aus der zweiten Liga für die dritte Liga keine Lizenz erhalten würde, brach unter den Fans der Paderborner Jubel aus. Durch das Desaster in München wird dem Achtzehnten der Saison 2016/17 der dritten Liga – und das war nach 38. Spieltagen der 1985 nach mehreren Fusionen entstandene SC Paderborn 07 – die Klasse trotz sportlichen Misserfolgs erhalten bleiben. Inwieweit man darüber letztlich in der benachbarten Domstadt glücklich wird, werden die kommenden Monate offenbaren. Durch die Abstiege aus der Beletage des Fußballs (2015) und seinem Unterhaus (2016) sind auch die Schwarz-Blauen in eine erhebliche finanzielle Schieflage geraten. Zudem wird es schwer, in der Kürze der Zeit für die dritte Liga einen leistungsfähigen Kadar zu formieren. Ein Unternehmen, um das der Paderborner Sportdirektor Markus Krösche nicht zu beneiden ist.
Neuerlicher Abstiegskampf
Fraglich war auch lange, ob der unerwartete Bundesliganeuling von 2014 in 2017 selbst seine erforderten Liquiditätsreserven, jüngst soll die Summe rund zwei Millionen Euro betragen haben, rechtzeitig darlegen konnte. Da der SCP 07 jedoch seine Dokumente pünktlich in der DFB-Zentrale unterbreiten konnte, wird das Loch wohl gestopft sein. Ein gemeinsamer Kraftakt von Anhängern, die in diesen Tagen den Fanshop der Paderborner leergekauft hatten, und auch etlicher Mäzene. Und nicht zuletzt dürfte auch der Großsponsor und Präsident Wilfried Finke angesichts der neuen Chance auf einen Drittliga-Verbleib bei den letzten fehlenden Zahlungen mitgeholfen haben. In einer Facebook-Fangruppe feierte der umtriebige Möbelunternehmer bereits mit den Gefährten den Ligaverbleib. Es ist anzunehmen, dass die erforderliche Summe hinterlegt wurde. Nach den turbulenten vergangenen drei Jahren – mit dem rasanten Wechsel der Übungsleiter, der verunglückten Berufung von Stefan Effenberg zum Chefcoach, den Scharmützeln mit der Kommune um eine adäquate Förderung des Fußballs an der Pader und das Hin und Herr des eigenwilligen Bosses an der Club-Spitze – werden dem SC Paderborn 07 nur wenige Perspektiven für ein längeres Verharren im Profifußball eingeräumt. Gewissermaßen hat für die Domstädter aus dem Hochstift der neuerliche strapazierende Abstiegskampf längst wieder begonnen.