Ein Bundesligaspiel als Therapie

Der Bundesligakommentar von Hans Zaremba

Zweifellos war der 29. Spieltag in der Bundesliga von dem unterhalb der Woche vor dem Champions-League-Match des BVB 09 Dortmund gegen den AS Monaco verübten abscheulichen Attentat auf den mit der Equipe und ihren Betreuern besetzten Mannschaftsbus der Dortmunder überlagert. Gewiss waren davon vornehmlich die von ihrem Übungsleiter Thomas Tuchel betreuten Borussen betroffen. Das Ligaspiel gegen Eintracht Frankfurt diente ihnen aber auch zur Selbsthilfe, um das erlittene Traumata nach dem vier Tage zuvor stattgefundenen Anschlag besser zu verarbeiten.

Borussia Dortmund befindet sich in einer schwierigen Phase: Der optimistische Chronist Hans Zaremba blickt in seinem Bundesligakommentar auf die Gemütslage des BVB nach dem Attentat vor dem Hintergrund des Endspurtes in der Liga, Pokal und in der europäischen Königsklasse..

Dortmund

Inwieweit die Therapie auf dem Fußballplatz letztlich gelingt, werden die entscheidenden Begegnungen zum Abschluss der Saison 2016/17 offenbaren, wenn die Schlussbilanzen der Spielzeit zum Tragen kommen. Immerhin hat die Partie mit den Männern vom Main unter dem Beifall der schwarzgelben Fans im Dortmunder Stadion – wo mit dem heimischen „Oberborussen“ Bernhard Scholl und dem Urgestein der im Mai 2000 an der Lippe gegründeten BVB-Gemeinde, Eberhard Beck, auch zwei langjährige Inhaber von Dauerkarten aus Lippstadt auf den legendären Stehplätzen waren – gute sportliche Akzente gezeigt. Die Borussen erzielten drei sehenswerte Buden. Viel schöner hätte ihre zweite Rückkehr in den Alltag nach der Attacke auf ihr Leben nicht ausfallen können. Das Spiel mit dem runden Leder war für die Dortmunder gegen die Frankfurter erkennbar die beste Behandlung ihrer Probleme. Ergriffenheit wurde nach dem Abpfiff spürbar, als der Kapitän Marcel Schmelzer und seine Kameraden vor die Südtribüne traten und Marco Reus das Trikot des bei dem Terrorangriff schwer verletzten Marc Bartra auf das Grün legte. Da war allen aus der Equipe des BVB die schlimme Tat aus der Karwoche wiederum vor den Augen.

Gelsenkirchen

Doch zurück zum eigentlichen Fußball: Der Dauerrivale der Dortmunder aus der Gelsenkirchener Vorstadt war im zweiten Spiel einer westfälischen Elf mit einem Gegner aus Hessen zwar eindeutig das bessere Team, musste sich aber zum Verdruss seiner Anhänger in der Region und bei den Wadersloher „Füchsen“ beim potentiellen Absteiger aus Darmstadt mit einer ärgerlichen Niederlage von 1:2 abfinden. Dabei hätten die Knappen mit einem Dreier auf den siebten Tabellenplatz springen können, jetzt blicken sie erneut nach unten. Da stellt sich wiederholt die Frage, wie lange der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies im nahen Rheda-Wiedenbrück das Rauf und Runter der Königsblauen in der Bundesliga noch hinnehmen wird. Seine erste öffentliche Auslassung in dieser Saison am Tag danach in einer Boulevard-Zeitung „Wir benötigen und erwarten sportlich eine klare Struktur und eine Entwicklung. Mit der fehlenden Konstanz und den Leistungsschwankungen in dieser Saison sind wir alle unzufrieden“ lässt einiges erahnen. Springt am Ende der Saison für den dritt-teuersten Kadar der Liga kein internationaler Rang heraus, könnte es für das mit viel Vorschlusslorbeeren an den Schalker Markt geholte Duo – Trainer Markus Weinzierl und Sportvorstand Christian Heidel – noch unangenehme Entscheidungen geben.

Bremen

Obwohl der Branchenführer aus München seinen Auftritt bei der Werksauswahl in Leverkusen mit einem torlosen Remis beendete, wird dies auf die im Mai anstehende Vergabe der Meisterschale an die Bayern keine Auswirkungen haben. Dafür bleibt es im Keller des deutschen Fußballoberhauses spannend. Was nur wenige nach der Hinrunde erwartet haben, ist im 106. Derby der Rautenträger aus Norddeutschland, Bremen gegen Hamburg, und dem 2:1 der Grünweißen über die Rothosen eingetreten: Werder bleibt in der Bundesliga und kann sogar noch einen internationalen Rang erreichen. Sicher auch ein Resultat des im September vollzogenen Wechsels des Übungsleiters. Für den Konkurrenten von Alster und Elbe wird es noch einmal eng. Die Gefahr, abermals auf den undankbaren Relegationsplatz abzurutschen, ist für den Hamburger SV erneut zum Schreckbild geworden.