Anmerkungen zum Trainerwechsel an der Pader von Hans Zaremba
Eigentlich hätte Wilfried Finke, Patron des SC Paderborn 07, wissen müssen, welches Risiko er Mitte Oktober 2015 mit der Verpflichtung von Stefan Effenberg als Cheftrainer des SCP einging. Das vor fünf Monaten als Wagnis auf dieser Homepage mit der Überschrift „Vom Boulevard in die Domstadt“ beschriebene Engagement des einstigen Mittelfeldspielers (Borussia Mönchengladbach, Bayern München und VfL Wolfsburg) als Übungsleiter beim Zweitligisten aus dem benachbarten Hochstift hat vorzeitig nach nur 141 Tagen sein abruptes Ende gefunden.
Intermezzo
Schon am vergangenen Spieltag gegen Fürth (erneut ein fades 1:1 des SCP 07) hatte für den skandalumwitterten Ex-Betreuer der 41jährige Rene Müller, zuvor Leiter des Nachwuchszentrums und zweimaliger schwarzblauer Interimscoach, auf der Trainerbank an der Alme seinen Platz eingenommen. Die bei der Vorstellung des jetzt so rasch wieder ausgemusterten 47jährigen Effenberg als neuen Hoffnungsträger für den Berufsfußball in der Region ausgestrahlte Harmonie hat nicht lange angehalten. Neben der sportlichen Erfolgslosigkeit (12 Spiele ohne Sieg) waren es die üblichen stets mit dem Dauergast in den bunten Blättern verbundenen Ärgernisse, warum die Tätigkeit des „Tigers“ in der beschaulichen Bischofsstadt lediglich zum Intermezzo ohne nennenswerten Effekt wurde.
„Blutleer“
Es muss wohl das Spiel des von ihm geprägten Clubs beim Karlsruher SC gewesen sein, die den Möbelhändler Finke mit dem Faible für das Fußballexperiment an der Pader veranlasst haben dürfte, die Reißleine zu ziehen. Das Spiel der Paderstädter am Oberrhein (0:0) war zweifellos eines der öden Art. „Blutleer“ charakterisierte der SCP-Boss die von ihm auf Mallorca am Fernseher betrachtete Darbietung seiner Equipe in der zweitgrößten Stadt in Baden-Württemberg. Der Präsident soll zum Telefonhörer gegriffen und dem von ihm geholten Angestellten die sofortige Trennung mitgeteilt haben. Nach seiner Rückkehr in Paderborn bemerkte der SC-Präsident im Gespräch mit den Medien: „Ich konnte es nicht mehr ertragen, wie mein Verein dastand.“ Von der noch vor Kurzem ausgesprochenen Jobgarantie für Effenberg auch die für dritte Liga war augenblicklich keine Rede mehr.
Unseriös
Viele erinnern sich noch an die Sprüche von Finke beim Vertragsabschluss mit Effenberg. Mehr Glamour, mehr Aufsehen, mehr Attraktion und mehr Wirbel hatte sich der seit 18 Jahren an der Spitze des SC Paderborn 07 stehende Manager einer Unternehmensgruppe mit etwa 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom einstigen bösen Buben des deutschen Fußballs versprochen. Doch davon bekam er offenbar eine gute Portion mehr, als ihm und dem Club guttat. Vor allem die Vorkommnisse im Januar-Trainingslager im türkischen Belek, allein schon ein Grund für einen sofortigen Rauswurf, der Strafbefehl wegen Trunkenheit am Steuer und die ungültige Trainerlizenz müssen das Fass zum Überlaufen gebracht haben. „Ich lasse es nicht zu, dass dieser Verein einen unseriösen Anstrich, so einen Hollywoodanstrich bekommt“, war nun die Meinung von Finke. Der Erfolgsmensch aus der Möbelbranche hatte eingesehen, nach den vorbildlichen Übungsleitern Joe Luhukay, Andre Breitenreiter und Roger Schmidt mit Stefan Effenberg offenbar einem Larifari-Coach sein Vertrauen ausgesprochen zu haben. „Die Wucht der Welle habe ich unterschätzt“, gestand der Vereinschef ein, „die Symbiose Effenberg-Paderborn ist nicht gelungen.“ Es ist nicht der Start der Trainerlaufbahn des 35fachen Nationalspielers, der dramatisch gescheitert ist, auch sonst hat sein Ruf von neuem Schaden genommen. So schnell dürfte sich wohl kein populärer Verein finden, ihm erneut eine Bühne als Verantwortlichen an der Linie zu bieten.