Praxis der Sportgerichtsbarkeit

Hans Zaremba über einen Dialog mit Georg Schierholz

Für viel Aufsehen hatten in den vergangenen Wochen die roten Karten für die BVB-Lizenzspieler Marcel Schmelzer (nach angeblichen Handspiel gegen Wolfsburg) und Robert Lewandowski (wegen rohes Spiel gegen Hamburg) gesorgt. Zwei bemerkenswerte Fälle, die vor dem Sportgericht des DFB in Frankfurt zu verhandeln waren und sich als interessante Beispiele für den Dialog der Lippstädter BVB-Freunde von den „Optimisten“ mit dem Sportjuristen Georg Schierholz eigneten.

Kurzweiliger Abend bei den BVB-Freunden in Lippstadt:Sportjurist Georg Schierholz (links) und der Lippstädter Oberborusse Bernhard Scholl beim jüngsten optimistischen Treffen auf ‚Jathe`s Kegelbahnen‘.

Marcel Schmelzer

Beim kurzweiligen Abend im Vereinslokal der heimischen Fans der Schwarzgelben, „Jathe`s Kegelbahnen“, zeigte der in Lippstadt beruflich als Rechtsanwalt tätige Vorsitzende der Verbands-Spruchkammer (VSK) des Fußball- und Leichtathletikverbandes Westfalen (FLVW) die Strukturen der Kicker-Gerichtsbarkeit auf. Durch seine jahrelange Arbeit als Mitglied des Schiedsgerichts des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) ist Schierholz mit der Rechts- und Verfahrensordnung des DFB und den aus den Verhandlungen in Frankfurt resultierenden Entscheidungen für die Bundesligaprofis bestens vertraut. So konnte er plausibel die Einstellung des Verfahrens gegen den Dortmunder Verteidiger Marcel Schmelzer erläutern, der am 8. Dezember wegen absichtlichen Handspiel im BVB-Match gegen Wolfsburg vom Schiedsrichter Wolfgang Stark des Feldes verwiesen wurde. Bereits zwei Tage später hatte das Sportgericht zugunsten des Hinausgestellten von einer Sperre abgesehen, wozu die Analyse der TV-Bilder durch den Referee unmittelbar nach dem Abpfiff im ehemaligen Westfalenstadion den Ausschlag gab. Während nach einem Feldverweis in der Regel ein Ausschluss für mindestens ein Spiel folgt, half dem Nationalspieler die Fernsehaufzeichnung. Mit ihr konnte eindeutig belegt werden, „dass in der zum Feldverweis führenden Situation kein Handspiel des Spielers Schmelzer vorgelegen hat“, wie es in der sperrigen Begründung zur Einstellung des Verfahrens heißt.

Robert Lewandowski

Offenkundiger war die rote Karte für Robert Lewandowski, die am 9. Februar nach einem Zweikampf des polnischen Nationalspielers vom Schiedsrichter Manuel Gräfe gezückt würde. Die vom DFB-Sportgericht an Fastnacht verfügte Sperre von drei Meisterschaftsspielen beruhte unter anderem auch auf eine Inaugenscheinnahme von Fernsehbildern. Der Ausschluss kam zustande, weil das Gericht in seiner Beweisführung auf einen „Zweikampf mit außerordentlicher Rücksichtslosigkeit“ abgehoben hatte. Vorteilhaft für den Torjäger war, „dass Lewandowski sportgerichtlich nicht in Erscheinung getreten und das vorliegende Zweikampfverhalten für ihn persönlichkeitsfremd ist“, was dem Urteil vom 12. Februar zu entnehmen ist. Das sportliche Vorleben des in Warschau geborenen Fußballers dürfte auch den Ausschlag gegeben haben, dass seine ursprüngliche Sperre am Tag vor dem Treffen seines Vereins gegen Hannover um ein Spiel reduziert wurde und ihm vergönnt war, gegen die Niedersachsen mitzuwirken. Seine Begnadigung nutzte der BVB-Stürmer für zwei Treffer und unterstrich damit zugleich seine enorme Bedeutung für seinen Verein. Georg Schierholz ist nach dem legendären Jakob Koenen, DFB-Schatzmeister von 1962 bis 1970, ranghöchster DFB-Funktionär aus Lippstadt und einer der Beisitzer des DFB-Sportgerichtes in Frankfurt. Er wirkt somit an den Verfahren gegen Vereine und Spieler aus der höchsten deutschen Spielklasse mit. Durch die räumliche Nähe von Lippstadt zu den westfälischen Bundesligisten aus Dortmund und Schalke nimmt er aber jenen Prozessen, in denen diese Clubs oder ihre Lizenzspielers im Focus stehen, nicht teil. Ähnliches gilt auch für Vereine anderer Regionen, aus deren Einzugsbereich die weiteren Schöffen des DFB-Sportgerichts kommen.