Anspruch und Wirklichkeit

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Hans Zaremba über die Chancen des BVB

Die Erwartungen der Fans und der Verantwortlichen von Borussia Dortmund waren in den letzten Jahren oftmals meilenweit von der Realität des Bundesligaalltages beim BVB entfernt. Drei Trainerwechsel innerhalb von nur 18 Monaten sind Ausdruck für manche Gereiztheit im Management des schwarzgelben Bundesligisten und auch ein Beleg für das ungesunde Verhältnis von Anspruch und Wirklichkeit in der Chefetage an der Dortmunder Strobelallee. Darüber wurde auch bei der ersten Zusammenkunft der Lippstädter BVB-Freunde nach Beendigung der fußballerischen Sommerpause diskutiert, zu der ihr Vorsitzender Bernhard Scholl in das Vereinslokal „Jathe`s Kegelbahnen“ eingeladen hatte.

Bemerkenswerter Coup

Sicherlich ist den Männern aus der Schaltzentrale des BVB mit der Verpflichtung des Sportwissenschaftlers Jürgen Klopp als neuen Coach der Bundesligakicker ein bemerkenswerter Coup gelungen. Der Trainingsbeginn mit dem ehemaligen Mainzer, wo gleich 8.000 Anhänger des Dortmunder Traditionsvereins erschienen waren, und der Sieg von Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München im Supercup (2:1 vor eigenem Publikum) haben in der großen schwarzgelben Familie eine riesige Begeisterung ausgelöst. Nur geht das auch in der neuen Bundesligasaison gut? Schon in den ersten beiden Heimspielen kommen mit den Münchenern (23. August) und den Gelsenkirchenern (13. September) zwei harte Brocken in das ehemalige Westfalenstadion. Bereits diese zwei Begegnungen gegen den Branchenführer von der Isar und den Erzrivalen aus dem Revier werden zeigen, ob der viel gepriesene Neuanfang beim Champions-League-Gewinner von 1997, sechsmaligen Meister und zweifachen Pokalsieger wirklich greift.

Letzte Chance

Der 13. Platz in der letzten Saison war trotz des Erreichens des Pokalfinales von Berlin (1:2 gegen Bayern) eine riesengroße Enttäuschung für den BVB, was schließlich dem Trainer Thomas Doll nach nur einem guten Jahr im Dienst bei der Borussia den Job gekostet hat. Das Engagement von Jürgen Klopp ist auch eine letzte Chance für den Vorsitzenden der Geschäftsführung der KGaA von Borussia Dortmund, Hans-Joachim Watzke, und seinem Adlaten, Sportdirektor Michael Zorc. Die von den beiden Managern in den letzten Jahren verantwortete Transferpolitik hat viele Fragen aufgeworfen, die von ihnen selten umfassend beantwortet wurden. Eine erneute Hängepartie oberhalb der Abstiegsränge dürfte in Dortmund das Fass zum Überlaufen bringen. Das Grollen des Hauptsponsors aus der letzten Spielzeit ist noch in guter Erinnerung.

Notwendige Zeit

Will jedoch Jürgen Klopp mit seiner optimistischen Natur auch in Dortmund jenen Erfolg haben, den er mit den bescheidenen Möglichkeiten an seiner letzten Wirkungsstätte in Mainz durchaus hatte, muss man ihm die notwendige Zeit geben und die von kreierte Mannschaft sich entwickeln lassen. Das Modell des redegewandten sportlichen Leiters, jungen Kickern mit Qualität und Entwicklungspotential zu vertrauen, ist sicherlich ein richtiger Ansatz, zumal der neue Mann auf der BVB-Bank die Positionen der Innenverteidiger mit Neven Subotic und Mats Hummels, die beide 19 Jahre alt sind, besetzen will. Gerade dort waren in der letzten Bundesligarunde erhebliche Defizite festzustellen, die zu einer Unmenge von Gegentoren geführt haben. Zum Auftakt der 46. Auflage der Bundesliga muss der BVB am 16. August in Leverkusen auflaufen, womit Bruno Labbadia ebenfalls ein neuer Mann das Training übernommen hat und in dem ähnlich große Hoffnungen bei den Leuten in der Konzernspitze des Chemiegiganten gesetzt worden sind.