Wer bleibt beim DFB, wer muss gehen?

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WM-Anmerkungen von Hans Zaremba

Wenn am kommenden Sonntag Kroatien und Frankreich im Endspiel aufeinandertreffen, um den Nachfolger von Deutschland als Fußballweltmeister zu ermitteln, wird dem Publikum das ganze Ausmaß des Debakels des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB) bei der Verteidigung des 2014 in Brasilien gewonnenen Titels erneut vor Augen geführt. Dabei lässt der Aktionismus des DFB in der Krisenbewältigung Skepsis aufkommen, ob der notwendige Neuanfang gelingen kann. Offenbar ist bei der DFB-Spitze über das sportliche Versagen seiner Nationalequipe hinaus weit mehr aus dem Ruder gelaufen.

Vermisst eine konsequente Aufarbeitung beim DFB: Der Chronist des Lippstädter BVB-Fanclubs, Hans Zaremba, zum Aktionismus in Frankfurt nach dem sportlichen Versagen der Nationalelf in Russland.

Widersprüchliche Interviews

Anstelle eine konsequente Aufarbeitung der in Russland erlittenen Schmach vorzunehmen, wird die Öffentlichkeit noch während des laufenden WM-Turniers mit widersprüchlichen Interviews der DFB-Häuptlinge, Präsident Reinhard Grindel und Nationalelf-Manager Oliver Bierhoff, konfrontiert. Bislang hat die Frankfurter DFB-Zentrale mit Nichtstun auf die schwächste WM der deutschen Fußball-Geschichte geantwortet. Ob es klug war, dem Bundestrainer schon im Vorfeld des Treffens in Russland eine Jobgarantie bis 2022 zu geben, hinterfragen etliche Fußballfans. Gewiss hat Joachim Löw seit seiner Berufung zum Nationalcoach im Juli 2006 mehr Siege als Pleiten aufzuweisen. Aber der Schwarzwälder hätte wissen müssen, dass nach dem WM-Sieg von 2014 spätestens in 2018 der Bruch seiner bisherigen Erfolge eintreten konnte. Das Beispiel von Helmut Schön (der mit der DFB-Crew in 1972 Europa-Champion und 1974 Weltmeister wurde, jedoch 1978 bei der WM in Argentinien in der zweiten Finalrunde mit seinem Team gegen Österreich nach einem peinlichen Match ausschied) wurde vom DFB und seinem Fußballlehrer erkennbar ignoriert.

Weltfremde Einschätzungen

Fehler kommen auch in Sportverbänden vor. Entscheidend ist jedoch, wie man sie behebt. Das schlechteste WM-Abschneiden einer DFB-Nationalelf – die vor dem Triumph in Brasilien (2014) in Südafrika (2010) und Deutschland (2006) zweimal den dritten Rang erreichte und beim Turnier in Japan und Südkorea (2002) Vizeweltmeister wurde – hätte zur Neubewertung des Zustandes des deutschen Fußballs führen müssen. Indessen unterstrich Präsident Reinhard Grindel – der schon nach der unsäglichen Aktion von Ilkay Gündogan und Mesut Özil mit dem türkischen Herrscher Recep Tayyip Erdogan weltfremd reagiert hatte – am 3. Juli in Frankfurt ein Festhalten am Bundestrainer. Bereits vor dem Korea-Spiel am 27. Juni in Kasan hatte er betont, dass das Resultat keine Auswirkungen auf den Kontrakt des Coachs habe. Eine Ansicht, die von ihm (vermutlich) wegen fehlender Alternativen bekräftigt wurde.

Notwendige Veränderungen

Jetzt, wo sich auch Joachim Löw erklärt hat, weiterhin als Übungsleiter der Nationalelf zu wirken, muss er sich verändern. Sonst gibt seine Entscheidung keinen Sinn. Womöglich wird am Donnerstag, 6. September, in München alles wie gewohnt sein. Deutschland trifft im ersten Spiel nach der WM auf den denkbaren neuen Weltmeister aus Frankreich. Auf der Bank wird der Ex-Kicker des SC Freiburg, VfB Stuttgart und Karlsruher SC sein 166. Match als Chefbetreuer erleben. Eigentlich alles wie gehabt. Was kommt nun? Da der Coach bleibt, wird der Umbruch woanders erfolgen müssen. Was wird aus seinen Assistenten Thomas Schneider und Marcus Sorg, die wie er mit frischen Verträgen ausgestattet sind und von ihrem Boss ausgesucht wurden, da sie ihm ohne großen Widerspruch zuarbeiten? Das gilt auch für das weitere Umfeld mit dem Chefscout, Arzt und Psychologen. Gerne hat Joachim Löw vertraute Personen um sich. Viele begleiten ihn seit seiner Verpflichtung im Juli 2004 und somit schon in der bis 2006 währenden Phase seines Vorgängers Jürgen Klinsmann, dem er selbst sekundierte. Frage: Wer von ihnen darf beim DFB bleiben, wer muss gehen?