Ausgabe 4/2018

Einwurf

Kompliziert wie Thomas Tuchel

Anmerkungen zu Lucien Favre von Hans Zaremba

Schon vor Jahresfrist, als der BVB-Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Watzke das Engagement mit Thomas Tuchel bei Borussia Dortmund nach nur zwei Jahren beendete, sollte es Lucien Favre bei den Schwarzgelben richten. Doch dazu ist es im Sommer 2017 nicht gekommen. Nach zwei Interimslösungen (Peter Bosz von Juli bis Dezember 2017 und Peter Stöger von Dezember 2017 bis zum Mai 2018) konnten nun die BVB-Häupter den 60jährigen Schweizer vom OGC in Nizza nach Dortmund lotsen.

Dortmund am Samstag, 5. Mai 2018:Momentaufnahme der Würdigung von Roman Weidenfeller für seine 16 Jahre für den BVB 09 am 18. Geburtstag der OPTIMISTEN im einstigen Westfalenstadion zum Ende der Bundesligarunde 2017/18. Auf diesen verlässlichen Keeper wird Lucien Favre verzichten müssen, da der Torhüter im Mai 2018 seine aktive Laufbahn abgeschlossen hat. Foto: Hans Zaremba

Ehemaliger Profikicker

Mit dem Schweizer Trainer, der 24 Länderspiele für die Eidgenossen bestritt, will Borussia Dortmund wieder an frühere Erfolge anknüpfen. Ganz einfach dürfte die Verpflichtung des einstigen Coachs von Hertha BSC (2007-2009) und Borussia Mönchengladbach (2011-2015) nicht erfolgt sein. Nach Berichten überregionaler Medien musste sich der BVB bei seinen Bemühungen der Hilfe von Dieter Hoeneß, ehemals Geschäftsführer beim Berliner Bundesligisten und Bruder des Bayern-Impresario Ulrich Hoeneß, bedienen. Vom jüngeren der Hoeneß-Brüder stammt auch die Aussage über den neuen Betreuer in Dortmund: „Favre war außerhalb des Platzes ein wenig schwierig gewesen, aber auf dem Platz gehört er zu den Besten in eine Kategorie mit Pep Guardiola. Er hat mich als Manager sehr gefordert.“

Anerkannter Tüftler

Viele wundern sich, dass der Schweizer nun die feine Cote d`Azur gegen den eher rauen Ruhrpott tauscht. Aber auf das Umfeld und die Lebensqualität an seinen Dienstorten scheint er selten großen Wert zu legen. Für ihn zählen die tägliche Arbeit, das Feilen und Tüfteln mit Spielsystemen und die Verbesserungen der Leistungen der ihm anvertrauten Kicker. In der französischen Liga erreichte er mit dem OGC Nizza in der Vorsaison einen beachtlichen dritten Platz und in 2017/18 den achten Rang. Doch seine Tätigkeit in Frankreich wurde in der Schweiz kaum wahrgenommen. Im Revier wird er auch wieder stärker ins Rampenlicht des Alpenstaates rücken. Neben Bayern München verfügen ebenfalls die Dortmunder zwischen Basel, Bern und Zürich über eine hohe Popularität. Für Lucien Favre ist Dortmund vielleicht auch die letzte Möglichkeit, einen europäischen Spitzenclub zu betreuen. Aber der Schweizer soll ähnlich kompliziert sein wie Thomas Tuchel. Ob die neue Verbindung lange hält, ist mit Blick auf die drei hektischen BVB-Jahre nach Jürgen Klopp zu bezweifeln.