DFB-Auswahl in Moskau überrumpelt

WM-Anmerkungen von Hans Zaremba

Mit einer unerwarteten, aber rundweg verdienten Niederlage startete der Weltmeister aus Deutschland ins Fußballturnier in Russland. Dabei wirkten der Bundestrainer Joachim Löw und die von ihm nominierte Crew völlig überrumpelt. Bereits im zweiten Gruppenspiel gegen Schweden geht es schon um das sportliche Überleben der Auswahl des DFB beim Kicker-Treffen der 32 Mannschaften im größten Land der Erde.

Für ihn stehen die Männer von Joachim Löw in diesen Tagen vor einer schweren Herausforderung und unter großem Druck: Der Chronist des Lippstädter BVB-Fanclubs, Hans Zaremba, beobachtet auch den Verlauf der Fußball-WM in Russland und bringt dazu – wie in 2014 beim Turnier in Brasilien – seine kritische Anmerkungen zu Papier.

Übliche Diskussionen

Was allerdings den Coach der Nationalelf bewogen hat, nach dem aus deutschem Blickwinkel vollends missratenen Abend in Moskau den Satz „Wir werden das schaffen“ zu formulieren, ist für den Beobachter nur schwer nachzuvollziehen. Vielleicht war es Zweckoptimismus, der den Schwarzwälder veranlasste, eine Aussage zu verwenden, die stark an ein Statement einer ebenfalls unter Druck stehenden Person aus der Politik erinnerte. Zweifel sind gegenüber der vom Übungsleiter verkündeten Botschaft schon angebracht, wenn man die Leistung der deutschen Mannschaft beim 0:1 gegen die Equipe aus Mexiko kurz Revue passieren lässt. Der Weltmeister von 2014 agierte am Sonntag zeitweilig so, als wollte er unbedingt den statistischen Titelverteidiger-Fluch der Turniere seit dem Jahr 1966 fortsetzen. Nach dem Mexiko-Match kamen die üblichen Diskussionen auf.

Belastende Unruhe

Eine betraf einen Mann, der vom DFB-Trainer nach den Tagen in Eppan in Südtirol aus dem Kader gestrichen wurde, Leroy Sané. Der 22jährige war in der Saison 2017/18 mit seinen 33 Torbeteiligungen einer der Stars des von Pep Guardiola betreuten englischen Meisters Manchester City. Ob es an seiner Nichtberücksichtigung gelegen hat, dass Deutschland seit 1982 (1:2 gegen Algerien in Spanien) erstmals ein Auftaktspiel bei einer WM verloren hat, lässt sich nach einer Begegnung nur schwer behaupten. Immerhin erwies sich Julian Draxler auf der Stammposition seines einstigen Schalker Vereinskollegen noch als der stärkste deutsche Offensivspieler. Gewiss hat der Wirbel nach der unheilvollen Fotoaktion der türkischstämmigen DFB-Akteure Ilkay Gündogan und Mesut Özil mit dem Präsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, in London die Vorbereitung von Joachim Löw gestört. Nicht von ungefähr hat der vom FC Bayern München abgestellte Torhüter Manuel Neuer als Kapitän der deutschen Nationalmannschaft die von den bei Arsenal London und Manchester City beschäftigten Kickern ausgelöste Unruhe im deutschen Team als belastend empfunden.

Erhebliche Schwächen

Viel war auch vorher spekuliert worden, inwieweit die Fitness des 33 Jahre alten Tormanns und die Belastbarkeit seines beschädigten Fußes den Anforderungen der Begegnungen in der russischen Föderation standhalten wird. Nach dem Start im ersten Gruppenmatch ist klar: Die von Joachim Löw gegen Mexiko berufene Elf hat erhebliche Schwächen, aber nicht auf der Torwartposition. Der Keeper vom deutschen Fußballmeister war einer der wenigen in der Nationalmannschaft, auf den Verlass war. Für andere Mannschaftsteilen ist dies nicht zu bejahen. Kaum jemand brachte seine gewohnte Leistung. Thomas Müller hing in der Offensive durch, Sami Khedira fand keine Struktur, selbst die in der Regel stets souverän auftretenden Innenverteidiger Mats Hummels und Jérôme Boateng verkörperten keine Sicherheit. Noch ist Deutschland Weltmeister. Ob das auch nach dem Sonntag, 15. Juli, noch der Fall ist, wenn das WM-Finale in Moskau beginnt, darf man schon hinterfragen. Wenn sich die Fußballer der deutschen Nationalmannschaft nicht rasch von ihrem Testspielmodus lösen, werden sie auch große Mühen haben, sich gegen die anderen Gegner in der Vorrunde – Schweden am Samstagabend, 23. Juni, 20.00 Uhr, Südkorea am Mittwochnachmittag, 27. Juni, 16.00 Uhr – durchzusetzen.