Dialoge auf dem Sofa

Eurosport beobachtete Lippstädter Fußballfans

Seit dem Start der aktuellen Bundesligasaison gibt es im Fernsehen eine Neuheit, die seit einiger Zeit am Freitagabend um 19.00 Uhr bei Eurosport zu betrachten ist. Mit „Fußball vom Sofa“ ist das Format des Spartensenders treffend charakterisiert, für das in der aktuellen Spielzeit in Lippstadt im Wohnzimmer des bekennenden Anhängers des HSV, Karl-Heinz Tiemann, etliche Bilder und Töne vom Redakteur Lukas Gefröret (Berlin) und dem Kameramann Daniel Gabele (Paderborn) aufgezeichnet werden.

Momentaufnahme aus dem Wohnzimmer in der Ulenbergstraße:Von links Willi Budde, Effzeh-Fan, Hans Zaremba, BVB-Mitglied, und Karl-Heinz Tiemnn, HSV-Anhänger.

Emotionen

So auch am vergangenen Wochenende, als die Fernsehjournalisten zum zweiten Mal im Lippstädter Norden zu Gast waren, um möglichst viele Emotionen bei der Livekonferenz am Samstagnachmittag mit den Partien in Leipzig (2:1 gegen Frankfurt), Hoffenheim (2:0 gegen Schalke), Bremen (Nullnummer mit Freiburg), Mainz (1:0 gegen Berlin) sowie Stuttgart (torloses Remis im Duell mit Augsburg) und am Abend mit dem Spitzenspiel zwischen den Dortmunder und Mönchengladbacher Borussen (6:1) einzufangen. Diesmal hatten auf dem Kanapee in der Ulenbergstraße Willi Budde, Kölner Effzeh-Fan und einstiger Funktionär von Borussia Lippstadt, sowie die drei Lippstädter Sozialdemokraten und leidenschaftlichen Freunde des Fußballs, Pfarrer Dietmar Gröning-Niehaus mit dem klaren Bekenntnis für die Borussia aus Dortmund, der pensionierte Diplom-Bauingenieur und Sympathisant der Rothosen in Hamburg, Karl-Heinz Tiemann, der Kommunalpolitiker mit dem BVB-Mitgliedsausweis und einer Dauerkarte für das ehemalige Westfalenstadion, Hans Zaremba, die Plätze eingenommen.

Gruppenbild während der Halbzeitpause der Fußballkonferenz:Von links Daniel Gabele, Kameramann aus Paderborn, Lukas Gefröret, Redakteur aus Berlin, Karl-Heinz Tiemann, Hans Zaremba, Renate Ludwig und Willi Budde. Fotos (2): Adrian Tiemann

Auflösungsverträge

Während bei den nachmittäglichen Treffen nur wenige Höhepunkte und Gemütsbewegungen von den Eurosport-Männern registriert werden konnten, war dagegen bei der abendlichen Gala des Tabellenführers aus dem Revier gegen die Equipe vom Niederrhein erheblich mehr für den Fernsehsender zu erfassen. Die bemerkenswerte Vorstellung der Dortmunder und vor allem die drei Buden ihres Mittelstürmers Pierre-Emerick Aubame¬yang lösten auf dem Sofa auch Diskussionen über die Wechselabsichten des Gabuners aus, der gerne zu Real Madrid gehen wollte, dort aber nicht genommen wurde. Zwangsläufig wurden in diese Gespräche die Rolle der sogenannten Berater der Profis sowie die Haltbarkeitszeit von längerfristigen Engagements einbezogen, da inzwischen immer mehr Auflösungsverträge die Zeitdauer der Anstellung vieler Fußballer bestimmen.

Blick während der Aufzeichnung der Fernsehleute von Eurosport in Lippstadt:Von rechts Daniel Gabele, Lukas Gefröret, Dietmar Gröning-Niehaus und Hans Zaremba. Foto: Karl-Heinz Tiemann

Videobeweise

Fußball ist letztlich ein übersichtliches Spiel, was auch die Dialoge auf der Couch im Lippstädter Wohnzimmer belegen. Die Kickergemeinde bezieht einen Teil ihrer volkstümlichen Identität daraus, Technikmuffel zu sein, die den Fortschritt als Angriff auf ihr Wertesystem verstehen. Nun gehört auch in den Bundesligastadien die Technik immer mehr zum Alltag und hat die Debatten der Konsumenten vor den Bildschirmen zusätzlich belebt. Frühestens seit der Erfindung der Superzeitlupe und spätestens seit Einführung einer nur für den Fernsehzuschauer gezogenen Abseitslinie ist doch klar, dass Fußballtatsachen hier und da behauptet werden müssen. Millionen selbst ernannter Trainer sehen erst eine mögliche und in der Wiederholung eine tatsächliche Fehlentscheidung. Gewiss wussten die Schiedsrichter, was mit der Videobeweisführung auf sie zukommt. Noch sind viele von ihnen unsicher, weil es eine neue Kommunikationsebene gibt, auf der im fortwährenden Praxistest noch die Hierarchien geklärt werden müssen. Als hätte jemand geahnt, dass der ohnehin kaum zu empfehlende Nebenjob eines Referee zu größeren Belastungen führen könnte, wurden vor dem Ligastart die Bezüge für die Hauptschiedsrichter um knapp ein Drittel auf 5.000 Euro pro Einsatz erhöht. Eine Entscheidung, die auch von den Fans auf der Lippstädter Polsterbank als richtig angesehen wurde.

Hans Zaremba