Fußballquartiere in der Kritik

Anmerkungen von Hans Zaremba

Es ist mittlerweile im Fußballoberhaus ein wiederkehrendes Ritual: Mit dem Beginn des neuen Jahres bricht der größte Teil der Bundesligisten zu Trainingslagern in weitaus wärmere Gefilde auf. Doch diesmal haben speziell die Wahl der Orte von Bayern München und Borussia Dortmund erhebliche Proteste ausgelöst, die bis in die eigenen Fankreise der gegenwärtig zwei besten deutschen Spitzenclubs reichen.

Kritischer Blick auf die Orte der Trainingslager der Bundesligisten:Der Chronist der Lippstädter BVB-Freunde von den OPTIMISTEN, Hans Zaremba, der in seinen Anmerkungen die Winterquartiere der Clubs im deutschen Fußballoberhaus betrachtet.

Hochnäsig

Dennoch zeigt der Rekordmeister bislang kaum Einsicht für die Einwände gegen die Entscheidung, seiner Crew in Katar, dem umstrittenen Gastgeberland der WM 2022, für die zweite Saisonhälfte die erforderliche Fitness zu verpassen. Die Auskünfte des in Lippstadt geborenen FCB-Vorstandschefs Karl-Heinz Rummenigge („Wir wissen, dass wir in ein Land fahren, in denen die Menschen teilweise eine andere Kultur als in Deutschland pflegen“) und des Sportvorstandes Matthias Sammer („Wir haben uns geäußert dazu, aber wir werden uns jetzt nicht nochmal dazu äußern“) unterstreichen das hochnäsige Gehabe des Managements beim Branchenführer. Ein Gebaren, das derweil auch von der einstigen Spitzenleichtathletin, späteren Frankfurter Sportdezernentin und heutigen Anti-Korruptions-Expertin Sylvia Schenk (‚Eine erschreckende Verharmlosung der Probleme‘) scharf kritisiert wurde.

Höhnisch

Für den BVB-Sportdirektor Michael Zorc ist ein Aufgalopp in einem Land, in dem Zwangsarbeiter ausgebeutet werden, Frauen kaum Rechte haben und Homosexualität mit fünf Jahren Gefängnis bestraft wird, dagegen ein „No Go“. Deshalb bereiten sich die Schwarzgelben lieber in Dubai auf die Rückrunde vor, was für manchen politisch interessierten Anhänger von Borussia Dortmund aber nur unwesentlich besser ist. Das in der Szene bekannte Fanportal „Schwatzgelb.de“ fragte, wie ein Trainingslager in den Vereinigten Arabischen Emiraten mit der Vereinssatzung zu vereinbaren sei. Die Antwort, man habe „trotz lukrativer Angebote mehrere Testspiel-Offerten aus Ländern ausgeschlagen, in denen die Menschenrechts-Situation nicht mit den Maßstäben von Borussia Dortmund in Einklang zu bringen“ seien, wurde nur als „Hohn“ empfunden.

Ungewiss

Während der Spitzenreiter und sein direkter Verfolger den arabischen Raum vorziehen, überwintern sieben Ligisten (Borussia Mönchengladbach. Hannover 96. Hamburger SV, Hertha BSC, VfB Stuttgart, Werder Bremen und SV Darmstadt 98) in der türkischen Ferienregion von Antalya. Auch in einem Land, das wegen seiner schwierigen politischen Verhältnisse gleichfalls viele kritische Stimmen hervorgerufen hat. Aber die Zukunft des Trainingsparadieses am Mittelmehr erscheint ungewiss, weil infolge des Konfliktes der Türkei mit Russland inzwischen russische Vereine massenhaft ihre Buchungen storniert haben.

Bemerkenswert

Dass für die Auswahl eines Ortes für die Kasernierung der hochbezahlten Kicker nicht nur Faktoren wie Klima oder Trainingsbedingungen einfließen, beweist die Bundesliga ja selbst. Immerhin befinden sich mit der Werksauswahl aus Leverkusen und dem FC Schalke 04 zwei Clubs nicht zuletzt im Auftrag der Deutschen Fußball Liga (DFL) in den USA. Der für das Marketing bei den Königsblauen verantwortliche Vorstand Alexander Jobst betont zwar, dies sei keine Werbetour, gestand aber ein, dass die Vereinigten Staaten von Amerika „ein interessanter Markt“ für die Gelsenkirchener darstelle. Dass der Vorstadtverein aus dem Ruhrpott diesmal nicht Katar für seine Ausrichtung auf den zweiten Durchgang der Bundesligasaison 2015/16 bestimmt hat, ist auf jeden Fall bemerkenswert.