Bindungen zum Verein nehmen ab

Anmerkungen zur Kultur in der Bundesliga von Hans Zaremba

Die Zeiten, wo Fußballprofis – wie die einstigen Nationalspieler Franz Beckenbauer (FC Bayern München), Wolfgang Overath (1. FC Köln), Alfred „Aki“ Schmidt (Borussia Dortmund) und Uwe Seeler (Hamburger SV) – den größten Teil ihrer Laufbahn mehr oder weniger bei einem Club verbrachten und ihn später auch noch als Funktionär dienten, sind heute kaum noch vorstellbar. Wie unterdessen Kommerz und Gefühlskälte das Klima in der Bundesliga bestimmen, belegte jüngst der nach 17jähriger erfolgreicher Tätigkeit und 500 Spielen im Dress des FC Bayern München verordnete hastige Wechsel von Sebastian Schweinsteiger zu Manchester United.

Treu zur Borussia aus Dortmund, einst als Spieler und später als Repräsentant des Vereins der Schwarzgelben:Der einstige BVB-Fanbeauftragte und Ex-Nationalspieler „Aki“ Schmidt im Mai 2003 vor dem optimistischen Schaukasten in der Pappelallee in Lippstadt. Archiv-Foto: Hans Zaremba

Sympathieträger

Was vom Verein im Juli eher geschäftsmäßig verkündet wurde, ist das abrupte Ende der wohl vorläufig letzten echten Identifikationsfigur beim Rekordmeister. „Schweini“ gehörte zu Bayern München nahezu so wie das Wappen. Mit dem schnöden Fallenlassen jenes Sympathieträgers, der mit dem FCB acht deutsche Meisterschaften, sieben Mal den DFB-Pokal und 2013 den Champions-League-Titel gewann, dokumentiert der Branchenführer im nationalen Fußball seine neue Ideologie, nach und nach Personen auszusortieren, die über viele Jahre den Verein von der Isar verkörperten. Zuletzt waren es der Mediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Physiotherapeut Fredi Binder. Jedes Mal soll Trainer Pep Guardiola eine maßgebliche Rolle gespielt haben. Die Aussage des einstigen Lippstädter Jugendfußballers und aktuellen Vorstandschefs der Bayern, Karl-Heinz Rummenigge, wonach der ehemalige Patron Uli Hoeneß in die Entscheidung der neuen Clubzugehörigkeit des Kapitän der deutschen Nationalelf nicht eingebunden gewesen sei, zeigt für die vielen Fans der Bayern eine Kälte, in der sie ihren Verein mit dem von ihm lange gepflegten Familienimage nicht mehr wiedererkennen.

Vertragsstatus

Dieser Vorgang gibt Veranlassung zur Nachfrage, inwieweit die bei den Bundesligisten unter Vertrag stehenden Männer auch Mitglied ihrer Vereine sind. Das Ergebnis einer im Juli vorgenommenen Untersuchung ist für manchen Fußballfreund ernüchternd: Nur bei drei Clubs (Hertha BSC Berlin, FSV Mainz 05, TSG 1899 Hoffenheim) der 18 Erstligisten sind ihre Profis allesamt auch Vereinsangehörige und zahlen Mitgliedsbeiträge. Bei den meisten anderen Teams gilt der Grundsatz: Die Spieler können, müssen aber nicht Mitglied des Vereins sein. Dies hängt wohl mit ihren Status zusammen, wonach die Kicker in der ersten und zweiten Liga als Lizenzspieler gelten, also Angestellte der Vereine oder inzwischen ihrer vorwiegend ausgegliederten Kapitalgesellschaften sind. Überdies haben sie Verträge mit der Deutschen Fußball Liga (DFL), womit eine Vereinsmitgliedschaft nicht notwendig ist, um am Spielbetrieb teilnehmen zu können. Dies alles führt dazu, dass in den von der DFL betriebenen Ligen derweil überwiegend viele „Söldner“ auflaufen, die zu ihren Clubs kaum noch eine leidenschaftliche Bindung haben. Anders sind die Dinge ab der dritten Liga und im Jugendbereich, wo eine Vereinszugehörigkeit erforderlich ist, wenn sie als Akteure für ihre Clubs antreten wollen.

Modelle

Beim sehr auf Tradition und großer Fannähe bedachten FC Schalke 04 ist es den Männern freigestellt, Mitglied im Stammverein zu sein. „Seit einem Jahr legen wir den Neuzugängen allerdings nahe, auch in den Verein einzutreten“, erklärt der Mediendirektor der Knappen, Thomas Spiegel, die jetzige Praxis beim Revierclub. Diese Anordnung sollte auch der schwarzgelbe Rivale mit seiner treuen Anhängerschaft und der mythischen gelben Wand im ehemaligen Westfalenstadion seinen hochbezahlten Profis abverlangen. Nach Auskunft von Teammanager Fritz Lünschermann sind derzeit einige von ihnen Mitglied im eingetragenen Verein des BVB und fügt auf Nachfrage hinzu: „Es besteht grundsätzlich aber keine Pflicht, Mitglied des e.V. zu sein!“