Joachim Löw und die WM 2014

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Hans Zaremba über die Nationalelf

Mit der beachtlichen Bilanz von neun Siegen in zehn Partien hat die deutsche Nationalmannschaft grandios das Endturnier der Fußballweltmeisterschaft 2014 in Brasilien erreicht. Ein Erfolg, der zweifellos dem Engagement des seit dem Sommer 2006 auf der Brücke des DFB als Bundestrainer tätigen Joachim Löw zu verdanken ist.

Blickt kritisch auf die Nationaelf und den Bundestrainer:Der Chronist der Lippstädter OPTIMISTEN, Hans Zaremba, der die Perspektiven von Joachim Löw analysiert.

Unbehagen

Dennoch ist der Chefcoach der DFB-Auswahl nicht zu beneiden. Obwohl er über eine Vielzahl von vorzüglichen Spielern verfügt, die auch in jeder anderen Nationalequipe ihre Plätze sicher hätten, gibt es an vielen Stellen ein großes Unbehagen, wie er es der Freiburger kaum zuvor in seiner bisherigen Amtszeit für die Nationalelf erlebt hat. Fast in jeder Presskonferenz muss er sich verteidigen und seine Autorität als Bundestrainer herausstellen. Vorbei sind für ihn die Zeiten, in denen er den unangefochtenen Lehrmeister mimen konnte, wie vor der Europameisterschaft in 2012. Damals glaubten etliche Beobachter, der Titelgewinn sei nur noch eine Formsache. Bekanntlich war dieses Wunschbild nach dem Halbfinale jäh zerstört, als man nach dem 1:2 von Warschau gegen Italien die vorzeitige Heimreise anzutreten hatte.

Zweifel

Speziell dieses Ausscheiden seines Teams kreiden dem Schwarzwälder noch heute viele Skeptiker an, weil es in seiner Ägide beim DFB nach der Euro 2008 und der WM 2010 bereits der dritte Versuch war, mit einer Trophäe nach Deutschland zurückzukehren. Ob der ehemalige Fußballprofi, der in seinen 52 Bundesligaspielen für Stuttgart, Frankfurt und Karlsruhe selten über die Rolle eines Auswechselspielers hinauskam, beim vierten Anlauf in Brasilien, seine Trainerkarriere krönen wird, muss bezweifelt werden. Bislang ist es in der seit 1930 währenden Geschichte der Fußballweltmeisterschaft noch keinem europäischen Team gelungen, sich auf dem amerikanischen Kontingent den WM-Pokal zu sichern.

Füllhorn

Seit dem Turnier in Südafrika in 2010 hat der 53jährige, vor allem durch das Vorrücken von Borussia Dortmund in der Bundesliga, eine Menge von erstklassigen Kicker dazu bekommen. Schon scheint es ihm zu gehen wie seinem Vorgänger Franz Beckenbauer mit seiner Vorhersage in 1990, das deutsche Team werde durch den Zuwachs der DDR-Spieler auf Jahre hinaus unschlagbar sein. Doch so richtig scheint Joachim Löw nicht bereit zu sein, aus dem diesem Füllhorn seine Mannschaft zu formieren. So befanden sich auch beim 5:3 im letzten WM-Qualifikationsspiel in Schweden mit Manuel Neuer, Philipp Lahm, Jerome Boateng, Sebastian Schweinsteiger, Toni Kroos und Thomas Müller (für ihn kam nach der Pause der Neu-Münchener Mario Götze) erneut sechs Bayern in der Elf. Von den anderen in Stockholm überwiegend eingesetzten Fußballern (Marcell Jansen, Mesut Özil, Andre Schürrle, Max Kruse, Mats Hummels) kam lediglich ein Dortmunder (Hummels) zum Einsatz.

Schwächen

Nicht von ungefähr werfen die Kritiker dem Bundestrainer eine zu starke Bayern-Affinität vor, wodurch nicht zuletzt auch sein Verhältnis zum Dortmunder Vereinscoach Jürgen Klopp getrübt ist Erhebliche Schwächen offenbarten die vom DFB-Übungsleiter eingesetzten Männer während der Qualifikationsrunde für Brasilien vor allem in der Defensive, was verstärkt die beiden Begegnungen mit den Skandinaviern (im Vorjahr ein 4:4 und jetzt das 5:3) unterstrichen. Sollte sich dies in den kommenden Testspielen für die WM im November gegen Italien und England wiederholen, wird sich rasch ein Sturm der Entrüstung erheben und bis zum Showdown in Brasilien nicht mehr verebben.