Lippstadt im Pokalfieber

Blick auf Leverkusen von Hans Zaremba

Es war im Mai eine große Begeisterung bei den Lippstädter Fußballfans zu verspüren, als der SV in die Regionalliga aufgestiegen war. Ebenso groß war die Freude der Anhänger des Kickersports nach der im Juni von der Sportschau ausgestrahlten Auslosung der für das erste Wochenende im August angesetzten DFB-Pokalrunde: Mit Bayer 04 Leverkusen erwartet der SV Lippstadt 08 einen fußballerisch starken Gegner.

Das Waldschlößchen im Lippstädter Norden:Ein Ort vieler legendärer Fußballspiele an der Lippe. Am kommenden Wochenende erwartet der Regionalligaverein SV Lippstadt mit dem Bundesligen Bayer 04 Leverkusen in der ersten Hauptrunde des DFB-Pokals 2013/14 einen starken Gegner.

Starker Kadar

Das Match des Viertligisten gegen den Dritten der letzten Bundesligasaison könnte für die Lippstädter zum sportlichen Höhepunkt werden, zumal die Equipe des Chemiekonzerns über einen bedeutenden Kadar verfügt und sich auch für die im September beginnende Spielzeit 2013/14 der Champions League qualifiziert hat. Dem von Sami Hyypiä trainierten Aufgebot gehören viele bekannte Bundesligastars (Bernd Leno im Tor, Robert Hilbert in der Abwehr, Simon Rolfes und Lars Bender im Mittelfeld sowie der Bundesliga-Torschützenkönig 2012/13, Stefan Kießling, im Angriff) an. Im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten im Fußballoberhaus verfügen die Leverkusener jedoch nicht halbwegs über eine so große Tradition, wie sie die Dortmunder, Hamburger, Münchner, Schalker und Stuttgarter mit ihren Meisterschaften und Pokalsiegen haben. Dies ist auf die Entstehung und Vergangenheit des Fußballs in Leverkusen zurückzuführen, der im Sportverein TSV Bayer 04 Leverkusen als Betriebssportgemeinschaft des Farbenkonzerns seine Wurzeln hat. Diese Eigentümlichkeit der Leverkusener steht im krassen Kontrast zur deutschen Fußballkultur, in der die meisten Bundesligavereine der jeweils erste Verein der Stadt waren. Ein Zeugnis für diese europaweite Sonderart ist auch, dass sich außer in München – mit dem FC Bayern und dem TSV 1860 – in keiner deutschen Stadt über einen längeren Zeitraum zwei Clubs in der Bundesliga halten konnten. Der starke Einfluss des Chemie-Giganten auf den Bundesligisten, wo die Spielbetriebs GmbH eine hundertprozentige Tochter der Bayer AG ist, wird natürlich den Konkurrenten in der Bundesliga kritisch beäugt, weil sie in der Finanzkraft des Weltkonzerns für ihre Mannschaften erhebliche Wettbewerbsnachteile sehen. Insider vermuten, dass das rheinische Unternehmen etwa mit 25 Millionen Euro dem Fußball in Leverkusen eine gewisse Planungssicherheit garantieren würde.

Ewiger Zweiter

Zudem haftet Bayer Leverkusen der Ruf des „Ewigen Zweiten“ an. Seit 1997 wurden die Farbenstädter fünfmal Deutscher Vizemeister, verloren zweimal das DFB-Pokalfinale und einmal das Endspiel in der Champions League. Leverkusen gehört zu insgesamt neun deutschen Fußballmannschaften, welche seit Gründung der Bundesliga häufiger als einmal Vizemeister wurden. Jedoch ist das Werksteam dabei die einzige Equipe, die bisher keinen Meistertitel erringen konnte (wenngleich die Erfolge des FC Schalke 04 allesamt noch aus der Zeit vor Gründung der Bundesliga stammen). Als besonders herausragendes Beispiel des Leverkusener Versagens in den entscheidenden Spielen gilt die Saison 2001/02, in der Bayer gleich in drei Wettbewerben (Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League) Zweiter wurde. Infolge dieser unglücklichen Spielzeit wurde der Begriff „Vizekusen“ geprägt. Diese Bezeichnung ließ sich die noch bis zum 30. September 2013 vom früheren DFB-Funktionär Wolfgang Holzhäuser geführte GmbH im Jahr 2010 neben dem Begriff „Meisterkusen“ als Marke schützen. Aber nach 2012 ist das Missgeschick der Rheinländer aus 2002 nicht nur noch ein Leverkusener Phänomen. Auch der erfolgsreichste Fußballclub in Deutschland, Bayern München, musste sich zehn Jahre später nach Abschluss der Saison 2011/12 mit den identischen Platzierungen abfinden. Doch ganze ohne Titel ist auch Leverkusen nicht geblieben. Immerhin gewannen sie 1988 mit dem Trainer Erich Ribbeck den damaligen Uefa-Cup, der heute in der Europa League ausgespielt wird, und 1993 mit dem schillernden Coach Dragoslav Stepanovic den DFB-Pokal, dem bislang einzigen nationalen Titel.