Hans Zaremba blickt auf einige Bundesliga-Umbrüche
Mit den Relegationspartien für die künftige Aufstellung der Bundesliga – zwischen Hamburger SV und Hertha BSC (1:0 und 0:2) – und die Zweite Liga – mit dem 1. FC Kaiserslautern gegen Dynamo Dresden (0:0 und 2:0) – wurde nun im deutschen Profifußball die Saison 2021/22 abgeschlossen. Wenige Tage zuvor hatte RB Leipzig durch seinen Erfolg im Elfmeterduell über den SC Freiburg den DFB-Pokalwettbewerb 2021/22 für sich entschieden. Unterdessen laufen jetzt sowohl im Oberhaus als auch im Unterhaus die Planungen für die Spielzeit 2022/23 an. Viele Betrachter schauen dabei verstärkt auf die Bundesliga-Rückkehrer Schalke 04 und Werder Bremen, die im Mai des letzten Jahres noch den schweren Gang in die Zweite Liga antreten mussten.
Bremen
Ein Beobachter des direkten Wiederaufstiegs der Grün-Weißen war Per Mertensacker, der gegenwärtig die Nachwuchsakademie von Arsenal London leitet. Der 104-malige Nationalspieler, der für Bremen von 2006 bis 2011 aktiv war, ist ein kompetenter Kenner der Vorgänge rund um das Weserstadion. „Ein Sechser, ein Zehner und mindestens ein Achter sollten noch kommen“, benannte der seit September 2020 als ZDF-Länderspielexperte tätige Ex-Profi dem „Weserkurier“ einige Baustellen von Werder. Um in der Bundesliga mithalten zu können, müsse sich sein einstiger Club in den nächsten drei Jahren wieder stabilisieren. Für den Fußball in Norddeutschland ist das Wiedersehen mit dem vierfachen Meisters (1965, 1988, 1993 und 2004) in der Beletage fraglos ein Gewinn, zumal der langjährige Konkurrent aus den glorreichen Oberliga-Zeiten – Hamburger SV – nach seiner Schlappe im Ausscheidungsmatch mit Hertha BSC nun schon im fünften Jahr im Unterhaus bleiben wird.
Gelsenkirchen
Das Hochgefühl auf Schalke und in ihren Fan-Gemeinden in Lippstadt („Graf Bernhard“) und Wadersloh („Füchse“) ist nach ihrem Oberhaus-Comeback natürlich groß. Unterstreichen werden dies die Anhänger des Traditionsclubs aus dem Revier am Sonntag, 24. Juli, wenn nach zweijähriger Pause in Gelsenkirchen wieder ein Schalke-Tag stattfindet. Von 100.000 erwarteten Gästen ist in den Medien die Rede. Zweifellos wird der Wiederaufstieg der Blau-Weißen die Bundesliga beleben, die zuletzt durch zehn Meistertitel in Folge für den FC Bayern München viel an ihrer Dynamik verloren hat. Eine besondere Attraktion werden in 2022/23 unstreitig die Derbys mit dem Erzrivalen aus Dortmund sein. Dazu passen die Worte Sportdirektors der Knappen, Rouven Schröder, im „aktuellen Sportstudio“ des ZDF: „Schalke muss emotional bleiben.“ Zugleich fügte der in Arnsberg geborene ehemalige Spieler des VfL Bochum zu den sportlichen Aussichten des Vereins aus dem Vorort von Gelsenkirchen vorsichtig hinzu: „Wir werden nicht spinnen, wir werden realistisch und demütig bleiben.“
Dortmund
Ganz anders ist die Lage bei Borussia Dortmund. Die Freunde der Schwarz-Gelben wollen endlich wieder eine Trophäe in den Händen ihrer hochdotierten Kicker sehen. Lediglich eine Vizemeisterschaft beim gleichzeitigen Verstolpern der Trümpfe in den Pokalspielen auf europäischer und nationaler Ebene wie in 2021/22 ist den treuen BVB-Freunden zu dürftig. Das war jetzt auch beim Grillabend der Lippstädter „Optimisten“ am Rande ihrer Mitgliederversammlung zum Ende der Spielzeit wiederholt zu hören. Neben den vielen Abgängen (unter anderem mit den Torleuten Roman Bürkli und Marvin Hitz sowie dem Torjäger Erling Haaland) und die Verstärkungen für die zuletzt anfällige Verteidigung (Nico Schlotterbeck aus Freiburg und Niklas Süle von den Bayern) ragt in Dortmund speziell der Wechsel auf dem Trainerstuhl von Marco Rose zu Edin Terzic heraus. Eine Entscheidung, die angesichts des im Mai beendeten letzten BVB-Jahres nicht überrascht. Trotzdem ist die Bestellung des bisherigen technischen Direktors zum Cheftrainer ein Wagnis, was Borussia Dortmund mit seinem Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke eingegangen ist. Nach Jürgen Klopp, der von 2008 bis 2015 mit zwei Meistertiteln, einem DFB-Pokalsieg und mehreren Endspielteilnahmen äußerst erfolgreich für die Dortmunder war, ist der Vorgänger und Nachfolger des gescheiterten Marco Rose nun schon der siebte Übungsleiter der Schwarz-Gelben. Die Erwartungen in den gebürtigen Mendener sind hoch, genauso ist die Gefahr eines Misserfolges des BVB mit dem 39-jährigen Coach groß.
Berlin
Während man sich in Bremen, Gelsenkirchen und Dortmund mit Vehemenz neu sortiert, versinkt in Berlin mit Hertha ein anderer Traditionsclub ins totale Chaos. Der gerade noch durch die Kurzzeit-Verpflichtung von Felix Magath verhinderte Abstieg konnte die aufgebrachten Gemüter der Charlottenburger bei ihrem Mitgliedertreffen am vergangenen Sonntag nicht beruhigen. Die Vorhaltung des über neun Wochen bei Hertha tätigen Interimscoach, bei seiner Mission durch die Bosse des angeblichen „Big-City-Clubs“ keine Unterstützung erhalten zu haben, war handfest. Nach einem Kicker-Interview mit dem Meistertrainer von Bayern München (2005 und 2006) und des VfL Wolfsburg (2009) sei der im letzten Juli von Frankfurt am Main nach Berlin geholte Geschäftsführer Fredi Bobic „einer der Leidtragenden“ beim Bundesligisten aus dem Westend der Hauptstadt. Die Zusammenkunft der Hertha-Mitglieder auf dem Berliner Messegelände war peinlich. Buhrufe während der Rede des umstrittenen Investors Lars Windhorst belegen die tiefe Zerstrittenheit eines Vereins, der seit dem Bundesligastart im August 1963 fortgesetzt von Querelen und Skandalen begleitet wird. Von einem Aufbruch kann hier keine Rede sein.