Pokalkommentar

Blamagen zum Auftakt    

Der Pokalkommentar von Hans Zaremba

Oft wird über die Abgehobenheit der Bundesliga mit Blick auf die unteren Klassen geklagt. Dazu haben auch Bosse der führenden Vereine ihre störenden Beiträge geliefert. Hingegen ist der DFB-Pokal zum unentbehrlichen Wettbewerb geworden, um die Klammer der Basis zum Oberhaus und die Einheit im deutschen Fußball zu bewahren. Eine Woche vor dem Beginn der 59. Auflage der Bundesliga erfolgte nun der Start der ersten Pokal-Hauptrunde 2021/22 mit ihren besonderen Reizen, wo vermeintlich schwächere Teams etablierte Clubs aus dem Wettkampf kegeln konnten.

Freuten sich über den ersten Pflichtspielsieg ihrer Schwarz-Gelben in der Saison 2021/22: Die heimischen BVB-Freunde Stefan Jesse (links) und Michael Thiemeier im Vereinslokal der „Optimisten“, „Jathe`s Kegelbahnen“ im Lippstädter Südwesten.
Foto: Hans Zaremba

Anspruch

Für die Fußballfreunde – wie für die BVB-Gemeinde der Lippstädter „Optimisten“ – war der Pokal-Auftakt auch eine willkommene Gelegenheit, einen Eindruck über die Stärken und Schwächen der von ihnen bevorzugten Mannschaften zu gewinnen. Zudem war es für manchen Anhänger eine Chance, den Fußball nicht nur am Bildschirm zu verfolgen. Die gelockerten Corona-Auflagen gestatteten es, wenn auch nur in abgespeckter Form, wieder Fans in die Stadien zu lassen. Die Borussen aus Dortmund konnten ihren Anlauf auf die Verteidigung des Cup-Erfolges aus dem Mai (4:1 im Match mit Leipzig) mit 3:0 und drei Buden von Erling Haaland gegen Wehen Wiesbaden aus der dritten Liga siegreich gestalten. Alles andere wäre eine Peinlichkeit gewesen und hätte gleich wieder die üblichen Debatten zum Kader und über den neuen Übungsleiter Marco Rose ausgelöst. Was der BVB 09 in der Saison 2021/22 tatsächlich zu leisten vermag, müssen jedoch die bevorstehenden Bundesligabegegnungen – an diesem Wochenende gegen Frankfurt und sieben Tage später in Freiburg – offenbaren. Das Verlangen vieler Sympathisanten der Schwarz-Gelben – auch in der heimischen Region an Glenne und Lippe – ist eindeutig: Sechs Punkte müssen es sein. Ein verständlicher Anspruch, wenn man im Titelkampf als Herausforderer des übermächtigen FC Bayern München mithalten will. Der Rekordhalter in Meisterschaft und Pokal hatte nach der Corona-Absage seines Cup-Auftritts beim Fünftligisten Bremer SV bislang noch keine Chance zur Findung der eigenen Form. Das dürfte den mit vielen Wünschen aus Leipzig an die Isar geholten Chef-Coach Julian Nagelsmann gewurmt haben.

Fehlschläge

Die wohl größte Blamage in den Pokal-Treffen des letzten Sonntags musste Eintracht Frankfurt beim Auftritt in Mannheim hinnehmen. Dort unterlag der Pokalsieger aus 2018 (3:1 gegen Bayern München) mit 0:2 dem von 1983 bis 1990 der Bundesliga angehörenden SV Waldhof 07. Während sich der heutige Drittligist aus Baden-Württemberg eine Prämie von rund 250.000 Euro für den Einzug in die nächste Pokalrunde gesichert haben soll, verhagelte diese Partie gehörig den Einstand des im Sommer vom VfL Wolfsburg verpflichteten Frankfurter Sportlehrers Oliver Glasner. Offensichtlich haben sich die Hessen vom massiven Umbruch ihrer sportlichen Leitung zum Ende der letzten Saison – mit den verzeichneten Abgängen des Sportvorstandes Fredi Bobic zu Hertha, des Trainers Adi Hütter nach Mönchengladbach und des Sportdirektors Bruno Hübner in den Ruhestand – sowie den Vereinswechseln ihrer Stürmer André Silva (Leipzig) und Luka Jovic (Rückkehr zu Real Madrid) noch nicht erholt. Ebenso endete der Auftritt des Bundesliga-Absteigers aus Bremen beim VfL Osnabrück mit einem Fehlschlag. Am Ende mussten sich Grünweißen aus der Hansestadt an der Bremer Brücke beim Drittligisten aus Niedersachsen mit 0:2 geschlagen gegeben. Entscheidend für das Debakel von Werder war das „Traumtor“ von Sven Köhler, einem ehemaligen Stürmer des SV Lippstadt 08, in der vierten Minute der Nachspielzeit. Der aus dem Warsteiner Ortsteil Sichtigvor stammende 24-jährige Mann erzielte einen Treffer, der nun in den Sportschau-Klassiker „Tor des Monats“ aufgenommen werden soll. Für den neuen Betreuer des SV Werder, Markus Anfang, war die Schlappe seiner Equipe eine herbe Enttäuschung. Der vom größten Sportverein des Stadtstaates an der Weser beabsichtigte Weg, wie nach seinem ersten Abstieg aus der Bundesliga in 1980 jetzt nach dem zweiten Verlust der Erstklassigkeit direkt wieder ins Oberhaus zurückzukehren, wird nicht leicht sein.