Erfreulicher sportlicher Zwischenstand
Hans Zaremba blickt auf den SV Lippstadt 08
Die Corona-Pandemie hat inzwischen auch den Fußball merklich verändert. Ein Wandel von dem ebenfalls Lippstadt betroffen ist, wo der Regionalligist SV 08 seit Anfang November seine Spiele nur noch vor leeren Rängen austragen kann. Vielen seiner heimischen Gefolgsleute fehlen damit an den Wochenenden die wiederkehrenden Besuche in der örtlichen Arena und vor allem der Austausch bei Bratwurst und Getränken mit Gleichgesinnten über die auf dem Spielfeld erlebten Abläufe.
Fachsimpeleien
Da ab November auch die Kneipen wegen der beträchtlichen Corona-Erkrankungen durch behördliche Verfügungen geschlossen sind, bleiben auch die Fachsimpeleien über den Fußball unterhalb der Woche vor den Theken aus. Die Sympathisanten des Lippstädter Spielvereins haben im Augenblick mehr oder weniger nur noch die Möglichkeit, sich über die Medien mit der sportlichen Situation und den daraus resultierenden Perspektiven der Schwarz-Roten auf den angestrebten Klassenerhalt zu informieren. Aufgrund der weiterhin hohen Neuinfektionen ist für die überzeugten Fans des 1997 aus Borussia und Teutonia gebildeten Fusionsvereins auf Sicht keine Änderung dieses Zustands zu erwarten. Für die Akzeptanz des Lippstädter Fußballs kein leichtes Unterfangen, zumal die Zahl der Zuschauer an der Wiedenbrücker Straße gelegentlich hinter den Wünschen der Verantwortlichen zurückgeblieben ist. Die Gefahr einer zunehmenden Abwendung vom Geschehen auf dem Rasen kann auch für den Fußball vor Ort nicht ausgeblendet werden. Etliche der aktiven Liebhaber des Kicker-Sports beklagen schon seit Jahren die fortschreitende Kommerzialisierung im Fußball. Dabei stehen für sie nicht nur die häufig überhöhten Bundesliga-Gehälter in der Kritik. Ebenso die in zahlreichen Fällen gigantischen Ablösesummen für wechselwillige und teils mittelmäßige Akteure. Die sogenannten Geisterspiele in der Corona-Krise haben die Tendenzen einer Entzweiung der Anhänger von ihren Clubs zusätzlich verstärkt. Unterdessen sollen nach Mitteilungen der überregionalen Medien obendrein die Quoten der Samstags-„Sportschau“ rückgängig sein. Zugleich wollen die Vereine bei ihren Erlösen aus den Merchandising-Angeboten Einbrüche registriert haben.
Fortbestand
Dem wünschenswerten Fortbestand des SV Lippstadt 08 als Vorzeigeclub in der Region kommt indessen seine Zugehörigkeit in der Regionalliga entgegen. Sie ermöglicht es den Schwarz-Roten, weiterhin am Spielbetrieb teilnehmen zu können, während in den unteren Ligen der Ball generell ruht. Die am 2. November 2020 in Kraft getretene Corona-Verordnung hat nämlich den Mannschaftssport bei den Amateuren bis auf Weiteres untersagt. Für den SV 08 und die anderen Clubs in der Regionalliga West war es deshalb wichtig, dass sie die Staatskanzlei der Landesregierung zu Profivereinen erhoben hat. Damit wurden die Regionalligisten für die Austragung ihrer Spiele auf eine Stufe mit der ersten und zweiten Bundesliga sowie der dritten Liga gestellt. Eine Bestimmung, die auch auf das Engagement des in Salzkotten-Verne lebenden Manfred Schnieders, Vizepräsident Amateurfußball des Fußball- und Leichtathletikverbandes Westfalen und Vorsitzender Spielausschusses des Deutschen Fußballverbandes (DFB), zurückzuführen ist. Die Grundlage der Düsseldorfer Entscheidung war, dass in der Regionalliga West Menschen beschäftigt sind, die ihren Lebensunterhalt überwiegend durch den Fußball bestreiten. Eine Bewertung, die man gewiss hinterfragen kann. Denn die Bedingungen, wie die Clubs in den vier betroffenen Ligen ihre Verpflichtungen bewältigen können, sind doch recht unterschiedlich. Sie wären oft, was das Beispiel in Lippstadt seit Jahren belegt, ohne einen nachhaltigen ehrenamtlichen Einsatz kaum vorstellbar. Während das Teilnehmerfeld in den oberen Klassen bei der Verteilung der ohnehin ungleich bemessenen Fernsehgelder mit von der Partie ist, sind die Regionalligisten davon ausgeschlossen. Sie müssen auf die ihre Sponsoren und die Eintrittsgelder des Publikums hoffen. Ob das im November von der Landesregierung aufgelegte Notprogramm für die Viertligisten die fehlenden Zuschauereinnahmen ausgleichen kann, werden die Monate bis zum Ende der Spielzeit 2020/21 offenbaren. Jedoch Steuergelder für die Aufrechterhaltung des Profisports zu verwenden, ist schon ein bemerkenswerter Vorgang. Warum der DFB als größter Sportverband der Welt und mit ihm die in der DFL (Deutsche Fußball Liga) organisierten Mitglieder aus der ersten und zweiten Bundesliga den Unterbau ihres Sports nicht wirksamer zu Hilfe kommen, erscheint vielen Betrachtern schleierhaft. Aber die Gier der Privilegierten, konnte auch innerhalb der DFL nicht gebremst werden, als die kleineren der ersten und zweiten Liga eine gerechtere Verteilung der TV-Einnahmen begehrten. Überheblich war das Verhalten des ehemaligen Lippstädter Fußballers Karl-Heinz Rummenigge, der die Vertreter des FSV Mainz 05, FC Augsburg, VfB Stuttgart und von Arminia Bielefeld als Befürworter eines neuen Systems innerhalb der DFL regelrecht abkanzelte. Vom Bayern-Boss ist offenkundig keine Stärkung der Fußballbasis zu erwarten, der er seinen persönlichen Erfolg als Profi und Funktionär zu verdanken hat.
Unbeschadet
Ein Blick auf die aktuelle sportliche Szene rund um den SV Lippstadt 08: Als am Samstag, 31. Oktober, das letzte Match auf dem Gelände „Am Bruchbaum“ vor Zuschauern in der Lounge, auf der Tribüne und den Stehplätzen abgepfiffen wurde, war die Enttäuschung nach dem 1:2 gegen den FC Wegberg-Beeck groß. Gerade gegen diese Equipe, die nicht unbedingt zu den Favoriten der Regionalliga West gehört, hatte sich das von Trainer Felix Bechtold formierte Team deutlich mehr versprochen. Die Nöte der Bosse und der Anhänger der Schwarz-Roten, die Qualifikation für eine vierte aufeinanderfolgende Saison in dieser Spielklasse ab dem Sommer zu verpassen, waren anschließend überall spürbar. Dies auch, weil das Match am 12. Spieltag nach einer langen SV-Führung von 1:0 erst durch die zwei späte Gegentore in der Schlussphase verloren ging. Umso erstaunlicher war der Verlauf der anknüpfenden neun Begegnungen, die dem SV Lippstadt 08 als Fünfzehenten das Überwintern auf einem Nichtabstiegsplatz ermöglicht. Gerne hätten die Lippstädter am Samstag vor Weihnachten gegen den SV Straelen einen Dreier mit in die bis Mitte Januar währende Spielpause genommen. Aber beim Treffen mit den Gästen von der niederländischen Grenze war es von neuem die zweite Hälfte, mit der es nur zum 1:1 reichte. Die zweiten 45 Minuten wurden von den Lippstädtern mal wieder nicht konsequent zum Torferfolg genutzt. Ein Mangel, den sie im neuen Jahr unbedingt abstellen sollten, wenn sie unbeschadet die Corona-Runde in der Regionalliga West abschließen wollen.