Die Besorgnisse bleiben
Hans Zaremba zum Neustart der Bundesliga
Über das grüne Licht der Politik für eine Rückkehr der Fußballbundesliga zum jetzigen Zeitpunkt gehen weiterhin die Meinungen auseinander. Während die Befürworter das von der DFL (Deutsche Fußball-Liga e.V) und dem DFB (Deutscher Fußball-Bund e.V) präsentierte Hygienekonzept für die Wiederaufnahme des Spielbetriebs als ausreichend erachten, sind nach Ansicht der Skeptiker die gesundheitlichen Bedenken durch das Papier der Organisationen des Fußballs keineswegs ausgeräumt.
Argwohn
Offensichtlich konnte sich am Mittwoch die Bundeskanzlerin mit ihrer abwartenden Haltung gegenüber den Ministerpräsidenten aus den Länder nicht durchsetzen, was nun zu den „Geisterspielen“, den Begegnungen in der ersten und zweiten Liga vor leeren Rängen, führen wird. Die Hygiene-Vorgaben von DFL und DFB können aber nicht ausschließen, dass schon bei der Infizierung eines Kickers oder Betreuers der Spielbetrieb erneut zum Erliegen kommt. Der Fußball bleibt ein Vollkontaktsport. Es ist widersprüchlich, die Kontaktverbote – in welcher Form auch immer – bis zum 5. Juni zu verlängern, aber Zweikämpfe auf dem grünen Rasen zu erlauben. Ob die Verantwortlichen bei ihren Überlegungen auch die Angestellten in den kurzen Hosen einbezogen haben, muss spätestens nach den Bemerkungen des Kölner Mittelfeldspielers Birger Verstraete bezweifelt werden. Die Gesundheit seiner Familie und seiner Freunden seinen für ihn „von größter Bedeutung“. Mit dieser Meinung dürfte der Mann aus der Domstadt nicht allein dastehen, auch andere Lizenzspieler werden von ähnlichen Befürchtungen geplagt. Die Reaktion des Effzeh, den belgischen Profi rasch zur Ordnung zu rufen und ihn zur Relativierung seiner Worte zu veranlassen, muss nicht näher kommentiert werden. Dieser Vorgang ist ein Beleg für die in den vergangenen Wochen häufiger vom SPD-Gesundheitsexperten und Arzt Professor Dr. Karl Lauterbach vorgetragenen Risiken für die Fußballer. Zudem wirft der Vorfall in der Kabine von Hertha BSC mit dem bizarren Video seines Stürmers Salomon Kalou aus den letzten Tagen neue Fragen auf. Der Argwohn, dass man auf dem Papier gute Regeln notiert, aber sie in der Tat nicht praktiziert, hat durch den Streifen über das Innenleben beim Hauptstadtclub stark zugenommen. Auch in den Reihen der Fans gibt es viele Bedenken gegen eine Fortsetzung der Saison mit „Geisterspielen“. Insbesondere die Organisation „Unsere Kurve“ – sie setzt sich seit 2005 für die Interessen aktiver Fußballfans aus allen Ligen und Regionen in Deutschland ein – vertritt eine klare Ansicht und fordert einen Kulturwandel des Profigeschäfts.
Mahnruf
Freilich war vor der Entscheidung der Kanzlerin in Abstimmung mit den Regierungen in den Ländern der Druck der Liga – mit den Bossen des FC Bayern München, dem einstigen Lippstädter Karl-Heinz Rummenigge, und des BVB 09 Dortmund, dem Sauerländer Hans-Joachim Watzke – auf die Politik enorm gewachsen. Für die Vereine ging es um viel Geld, was von ihren Vorkämpfern auch unverhohlen eingestanden wurde. Der Chef der DFL, Christian Seifert, sprach von einem „Wirtschaftsunternehmen wie viele andere“ und weniger vom Sport. Von der DFL wurde aufgezählt, durch den Fußball würden rund 56.000 Menschen in Beschäftigungsverhältnissen sein. Sie sieht nach mehreren Berechnungen bei einem vorzeitigen Ende der Saison einen Fehlbetrag von 750 Millionen Euro in den Kassen der Ligisten. Die Konsequenz wäre womöglich die Insolvenz für verschiedene Clubs. Die Corona-Krise hat jedoch von neuem offenbart, dass die Außendarstellung des Profi-Fußballs „teilweise katastrophal“ ist, wie dies der ehemalige Manager von Leverkusen, Wolfgang Holzhäuser, unterhalb der Woche passend formulierte. „Es wird höchste Eisenbahn, dass die horrenden Steigerungen der Gehälter und Transfersummen begrenzt wird, lautete der folgerichtige Mahnruf des früheren DFB-Ligasekretärs.