BVB soll ein anderes Gesicht zeigen

Hans Zaremba über die neun Thesen von Hans-Joachim Watzke

Am kommenden Freitag, 27. Juli, treffen die heimischen BVB-Freunde von den OPTIMISTEN unter der Leitung ihres neuen Vorsitzenden Oliver Weiß zu ihrer ersten Zusammenkunft in der neuen Saison 2018/19. Dabei werden sie auch über den Brief des Vorstandsvorsitzenden der Borussia Dortmund GmbH & Co KGaA, Hans-Joachim Watzke, mit seinen neun Thesen an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des traditionsreichen Vereins aus dem Revier und bislang einzigen börsennotierten deutschen Bundesligisten diskutieren.

Tohuwabohu

Hinter Borussia Dortmund liegen turbulente Monate. Im vergangenen Sommer trennte man sich vom erfolgreichen, aber unbequemen Coach Thomas Tuchel. Der Nachfolger Peter Bosz durfte wegen fehlender Erfolge auch nicht allzu lange bleiben. Mit Peter Stöger erreichte der BVB zwar am Ende der letzten Saison die Champions League, die Spielweise des Übungsleiters aus Wien wurde aber von den Fans abgelehnt. Somit soll es nun in 2018/19 Lucien Favre richten. Auch er gilt nicht gerade als besonders pflegeleicht, was seine Stationen bei Hertha BSC (2007-2009) und Borussia Mönchengladbach (2011-2015) aufzeigen. Über die nunmehr schon vierte Trainerverpflichtung nach Jürgen Klopp, der von 2008 bis 2015 für die Borussia wirkte und sie zu zwei Meistertiteln (2011 und 2012), einen Pokalsieg (2012) und in das Champions-Legaue-Finale (2013) führte, hinaus gab es in der Saison 2017/18 noch zwei geräuschvolle Spielerwechsel: Ousmane Dembélé zum FC Barcelona und von Pierre-Emerick Aubameyang zum FC Arsenal London. Genug Tohuwabohu, das Hans-Joachim Watzke vor dem Start in die neue Spielzeit zum Anlass nahm, sich an die verunsicherte BVB-Belegschaft zu wenden.

Zusammenrücken

Der 59jährige will die Angestellten im Verein wieder enger zusammenrücken und den zuletzt häufig enttäuschten Anhängern neuen Spaß an Schwarz-Gelb vermitteln. Inzwischen wurde das vierseitige Schreiben des aus Marsberg stammenden und durch etliche seiner sportlichen Entscheidungen selbst ins Schlittern geratenen Managers veröffentlicht. Darin hebt er hervor: „Unser gemeinsames Ziel ist, dass der BVB 2018/19 auf und neben dem Platz wieder ein anderes Gesicht zeigt. Das wahre BVB-Gesicht.“ Mit seinen folgenden „nullneun“ Ansätzen will der Diplomkaufmann dieses Ansinnen erreichen. Erstens: „Wir wissen, woher wir kommen und wohin wir wollen!“ Damit meint der Verfasser die Kontinuität, die er als Vorstandschef und Michael Zorc als Sportdirektor verkörpern. Zweitens: „Unsere Strahlkraft ist ungebrochen. Deshalb sind wir selbstbewusst. Nicht selbstgefällig!“ Auf diese Weise bekräftigt der Sauerländer, dass der BVB für entwicklungsfähige Talente noch immer eine der ersten Adressen in Europa sei.

Erwartungen

Drittens: „Wir haben ein klares und realistisches Erwartungsmanagement“, womit er die Teilnahme des BVB an der europäischen Königsklasse als kontinuierliches Ziel herausstellt. Viertens: „Erfolg ist nicht kopierbar, sondern das Ergebnis harter Arbeit.“ Es ist der Versuch des BVB-Häuptlings, mit der Vergangenheit (Thomas Tuchel, Peter Bosz und Peter Stöger) abzuschließen. Seine Worte gelten wohl vor allem dem neuen Trainer Lucien Favre: „Wir möchten beim BVB perspektivisch eine eigene Spielphilosophie, eine klare Identität, einen unverkennbaren Spielstil umsetzen.“ Fünftens: „Wir haben uns strukturell und personell neu aufgestellt!“ Neue Impulse benötigt nach der Auffassung des seit 2005 an der Spitze des BVB wirkenden ehemaligen Unternehmers nicht nur das kickende Personal, sondern auch die Führungsetage mit den ehemaligen Fußball-Profis Matthias Sammer als externen Berater und Sebastian Kehl als neuen Leiter der Lizenzspieler. Ein Vorhaben, was aber durchaus neue Konflikte und Kompetenzgerangel beinhaltet. Sechstens: „Wir wollen einen neuen Spirit kreieren!“ Der Vorstandschef verbindet damit das Verlangen, dass wieder eine Mannschaft und nicht eine Ansammlung von elf Individualisten auf dem Platz stehen müsse, um das Vertrauen der Fans auf den Tribünen zu gewinnen. Ein Ukas an Lucien Favre.

Wurzeln

Siebtens: „Wir gehen ein Stück zurück zu unseren Wurzeln!“ Dieser Lehrsatz ist eine Erinnerung an die einstigen Erfolge, an die man in Dortmund mit Tugenden wie Leidenschaft, Loyalität, Identifikation, Ehrlichkeit, harte Arbeit, Bodenständigkeit, Teamfähigkeit und Solidarität erreicht hat. Achtens: „Wir brauchen ein wenig Geduld, um wieder viel Spaß zu haben!“ Es ist das Bestreben des BVB-Geschäftsführers wieder Ruhe in den Verein zu bringen, die nicht zuletzt auch durch manche seiner Dekrete aus dem Lot geraten war. Neuntens: „Wir werden die emotionale Klammer wieder fest zusammendrücken.“ Ein Abschlussversprechen an die Fans, das er mit den Worten: „Der BVB steht für Emotion und Leidenschaft, für ehrliche Leistung und Echte Liebe“ charakterisiert. Soll dies gelingen, muss auch das Verhältnis zwischen Trainer und Vorstand stimmen und darf nicht gleich bei den ersten Niederlagen einen Knacks bekommen. Sonst werden die neun Thesen des Hans-Joachim Watzke schnell zur Makulatur und sein Autor zum gescheiterten Mann.