Betrachtungen zum Fan-Boykott von Hans Zaremba
Die Zerstückelung der Bundesliga-Spieltage ist schon seit geraumer Zeit ein großes Ärgernis vieler Anhänger in den Fangemeinschaften des deutschen Fußballs. Vor dem Match des BVB 09 Dortmund gegen den FC Augsburg (1:1) am vergangenen Montagabend hatte das Bündnis „Südtribüne Dortmund“ zum Boykott der Begegnung aufgerufen. Statt der üblichen 81.000 Zuschauer bei den BVB-Spielen wurden diesmal lediglich 54.300 Besucher auf den Rängen an der Strobelallee in Dortmund registriert.
Samstagnachmittag eine Institution
Auch bei den Lippstädter BVB-Freunden von den „Optimisten“ waren die von der DFL (Deutsche Fußball Liga) angeordneten Montagstreffen ein Thema in ihrer letzten Zusammenkunft. Unterdessen hat sich der heimische Oberborusse Bernhard Scholl in einer E-Mail an die DFL gewandt und dabei herausgestellt: „Für die meisten in unserer Fangemeinschaft, von denen viele auch Inhaber einer Dauerkarte der Begegnungen im ehemaligen Westfalenstadion sind und somit zu regelmäßigen Besuchern zählen, ist die Ansetzung eines Bundesligaspiels an einem Montagabend schlicht eine Katastrophe.“ Darüber hinaus fordert der Vorsitzende der Lippstädter BVB-Gemeinde, die derzeit rund 150 Mitglieder in ihren Reihen hat, von der DFL, „so schnell wie möglich auf die Montagsspiele zu verzichten und zu fangerechten Anstoßzeiten zurückzukommen“. Ebenso müsse der Samstagnachmittag eine Institution für die Fußballkultur bleiben. Dass alles hatte auch seine Konsequenzen, als am Montagabend bei klirrender Kälte in Dortmund die Schwarzgelben die Fuggerstädter empfingen. Wo sonst ohrenbetäubender Lärm das Spiel der Borussen begleitet, war gegen Augsburg die Stimmung immens seltsam. Von den Dortmundern Fans war vorher betont worden, dass sich ihre Aktionen in keiner Weise gegen die eigene Mannschaft richteten. Es war einfach keine Lust auf Fußball am Montag zu verspüren. Ein nachdrücklicher Fingerzeig, den weder die DFL noch die Vereine vor ihrer Entscheidung, nun auch noch am Montag Fußball aus der ersten Bundesliga anzubieten und über das Bezahlfernsehen zu vermarkten, richtig bedacht haben dürften.
Widerstand ist angekommen
Ähnliche Aktivitäten waren schon eine Woche zuvor in Frankfurt zu verzeichnen, als die Eintracht beim ersten Montagsmatch die Leipziger (2:1) empfingen. „Montagsspiele greifen massiv in die Kultur unserer Fans ein“, hatte Axel Hellmann, das für Fanbelange zuständige Vorstandsmitglied der Eintracht, erklärt. Denn wer seine Mannschaft an einem Montagabend von Leipzig nach Frankfurt oder Augsburg nach Dortmund begleiten will, benötigt dafür zwei Tage Urlaub, vielleicht auch eine Übernachtung und muss ergo einen deutlich größeren Aufwand betreiben als an einem Samstagnachmittag. Doch es geht um mehr. Vor allem steht die Zerstücklung der Spieltage – neben dem Montag gibt es am Sonntag, Samstag und Freitag Spiele in der Bundesliga – ganz oben auf der Liste der Protestler. Für sie war es auch unerheblich, dass es bei den Spielen in Frankfurt und Dortmund um die Qualifikation für die europäischen Wettbewerbe in 2018/19 ging. Durch ihr Wegbleiben bei derart sportlichen interessanten Partien unterstrichen sie zusätzlich den Ernst ihres Anliegens. Eine solche Konsequenz hat schon Tradition: Auch als im Mai 2016 ein einmaliges Montagsspiel anberaumt wurde, blieben sowohl Bremer als auch Stuttgarter der Begegnung fern, obschon es für beide im Abstiegskampf um ihre Existenz ging. Am Ende verloren die Männer aus Bad Cannstatt und stiegen zum Saisonende ab. Inzwischen scheint auch der Widerstand beim BVB-Vorstandsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke angekommen zu sein. Immerhin regte er an, die Einführung von insgesamt fünf Montagsspielen zu überdenken: ‚In der Liga muss diskutiert werden, ob es weiter geht oder ob wir es lassen.‘ Leere Ränge in einem ansonsten fast stets ausverkauften Stadion haben in Dortmund offenkundig schon ihre erste Wirkung gezeigt.