Anmerkungen zur WM in Brasilien von Hans Zaremba
Nicht nur bei den eingefleischten Fans des Fußballs ist die Spannung auf eine Weltmeisterschaft (WM) immer groß, auch bei vielen anderen Beobachtern der Ereignisse, die sich um das runde Leder bewegen, nimmt das Interesse an der Ballsportart in den Zeiten einer WM konstant und beträchtlich zu. Ein Phänomen, das seit dem Juli 1966 mit den damaligen ersten umfassenden Fernseh-Livesendungen von den Begegnungen der Nationalmannschaften beim Turnier in England stetig gewachsen ist.
Vorzeichen
Diese Vorzeichen spürt man auch in Lippstadt und in der heimischen Region, wo jetzt die Gruppenphase mit deutscher Beteiligung ansteht und die Spiele des von Joachim Löw betreuten Teams allesamt noch zu arbeitnehmerfreundlichen Zeiten ausgetragen werden. Doch echte Public-Viewing-Veranstaltungen sind – bis auf wenige Ausnahmen – kaum zu erwarten. Auch für den Rathausplatz in Lippstadt liegt nach Auskunft der örtlichen Ordnungsbehörde bislang noch kein Begehren vor, derart aufwendige Freiluftvorstellungen anzubieten, zumal infolge der Zeitverschiebungen zwischen Südamerika und Europa etliche Paarungen erst um 22.00 Uhr oder gegen Mitternacht angepfiffen werden. So werden viele WM-Anhänger in Lippstadt und in den benachbarten Gemeinden die Wettkämpfe meist vor den privaten Bildschirmen verfolgen, sofern sie sich nicht in ihren angestammten Kneipen oder in deren Biergärten zum Fernsehen treffen.
Stimmung
Maßgeblichen Einfluss auf die WM-Begeisterung und die über die Satelliten übertragende Stimmung nach Deutschland wird natürlich die Seleção, die Mannschaft des Gastgebers und fünfmaligen Titelträgers, haben. Solange die Mannschaft des brasilianischen Nationaltrainers Luiz Felipe Scolari, die am kommenden Donnerstag um 22.00 Uhr (MEZ) in Sao Paulo gegen Kroatien das Match zur Eröffnung des vierwöchigen Fußballtreffens bestreitet, erfolgreich ist, werden die Landsleute der Auswahl mit den Bundesligaprofis Dante Bonfim Costa Santos (FC Bayern München) und Luiz Gustavo (VfL Wolfsburg) für die notwendige Atmosphäre sorgen. Dann dürften auch schnell die vielen und oftmals auch berechtigten Proteste der Bevölkerung Brasiliens gegen die WM im eigenen Land verstummen. Die Hoffnungen der Schwärmer für den Fußball im größten Staat in Lateinamerika in das Gelingen ihrer Equipe sind enorm. Alles andere als ein Titelgewinn wäre für den überwiegenden Teil von ihnen eine böse Überraschung und kann schnell in Enttäuschung mit Ausschreitungen abrutschen.
Skepsis
Viel Skepsis begleitet die deutsche Elf, die sich nach dem leidlichen Vorbereitungsspiel gegen Kamerun (2:2 im Mönchengladbach) und dem jetzt benannten endgültigen 23köpfigen Aufgebot verstärkt haben dürfte. Insbesondere die Entscheidung des Bundestrainers, mit Miroslav Klose (Lazio Rom) nur einen klassischen Mittelstürmer mitzunehmen und auf die Alternative in der Sturmmitte, Kevin Volland (TSG 1899 Hoffenheim), zu verzichten, wird von den (vermeintlichen) Experten an den Stammtischen, in den Wohnzimmern und Redaktionsstuben kritisch beäugt. Offensichtlich hat sich der seit dem Sommer 2006 als Nachfolger des heutigen USA-Betreuers Jürgen Klinsmann als Chefcoach beim DFB agierende Freiburger Joachim Löw für ein System mit „falscher Neun“ entschieden, was eigentlich schon nach der frühzeitigen Preisgabe einer Nominierung von Mario Gomez (AC Florenz) absehbar war. Für die deutsche Nationalmannschaft ist diese Spielart jedoch bisher eine noch nicht ausgegorene Taktik und somit wenig aussichtsreich.