Die unvollendete Arbeit von Joachim Löw

Der Eurokommentar von Hans Zaremba

Die Körpersprache von Joachim Löw nach dem verlorenen Halbfinale offenbarte seine ganze Enttäuschung. Bis zum Spiel gegen Italien waren seine Entscheidungen bei der Euro 2012 alle richtig gewesen. Die von ihm aufgebotene Auswahl hatte wie kaum eine andere beim europäischen Fußballtreffen in Polen und der Ukraine überzeugt und war damit zum Favoriten aufgestiegen. Doch nun steht der Bundestrainer, der 2006 das Erbe von Jürgen Klinsmann beim DFB antrat, von neuem mit leeren Händen da. Diese bittere Erfahrung erlebte er auch nach dem Europaturnier 2008 in Österreich und der Schweiz und der Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika. Seine Arbeit bleibt unvollendet.

Enttäuschung über die Mannschaft von Joachim Löw:Wenig begeistert waren die beiden optistischen Deutschland-Fans Andrea Meyer und Bernhard Scholl von der von Kickern von Bayern München dominierten Nationalelf gegen Italien. Auch der Toto-Topf der OPTIMISTEN konnte diesmal nicht ausgeschüttet werden. Keiner der im Vereinslokal der Lippstädter BVB-Freunde gekommenden Fußballfreunde hatre vor dem Anpfiff des Halbfinales die richtige Vorhersage abgegeben.

Lukas Podolski

Von vielen in der Kickerszene war vor dem Wettkampf in Osteuropa skeptisch beäugt worden, dass Joachim Löw trotz ausgebliebener Erfolge der Münchner in der vergangenen Saison (jeweils Zweiter in der Champions-League, Bundesliga und im DFB-Pokal) an seiner Einstellung festhielt, die Nationalelf überwiegend aus Spielern des FC Bayern zu bilden und den Doublesieger aus Dortmund kaum zu berücksichtigen. Wie in der Gruppenphase gegen Portugal und Holland, wo sieben Kicker des „FC Vize“ das Gerippe der Deutschen bildeten, setzte der 52jährige auch im Vergleich mit Italien auf einen siebenköpfigen Bayern-Block. Dies ging diesmal nicht auf, zumal er die im Viertelfinale gegen die Griechen eindrucksvollen Andre Schürrle (Leverkusen) und Marco Reus (Gladbach) wieder auf die Bank verbannte. Mit der Aufstellung des Noch-Kölners Lukas Podolski und des Bayern Toni Kross gegen die Azzurris hatte der Mann aus dem Schwarzwald seinen einschneidenden Fehler begangen. Der Domstädter war ein Ausfall. Zudem hatte er sich mit der Tat, den harmlos agierenden Mario Gomez (Bayern) anstelle des Routiniers Miroslav Klose (Lazio Rom) in die Anfangsformation zu nehmen, verzockt.

Marco Reus

Nach der Halbzeit den baldigen Londoner Lukas Podolski draußen zu lassen und den defensiven früheren Rostocker Toni Kross auf die linke Seite zu nehmen, um somit doch noch mit den offensiven künftigen Dortmunder Marco Reus über rechts Druck zu erzeugen, war richtig. Doch diese Änderung kam zu spät, auch wenn die Männer mit dem DFB-Emblem jetzt wesentlich offensiver wirkten und mit ihrem ansonsten schwach spielenden Kapitän Phillip Lahm in der 49. Minute und eine knappe Viertelstunde später mit dem Freistoß von Marco Reus gute Chancen hatten. Der Rückstand von 0:2 war zu groß und konnte mit dieser Rochade auch nicht mehr aufgeholt werden. Der Italien-Legionär Miroslav Klose, der Mario Gomez ablöste, konnte sich ebenfalls nicht mehr durchsetzen. Der verwandelte Handelfmeter von Mesut Özil zum 1:2 vor dem Abpfiff war lediglich eine kosmetische Ergebniskorrektur für die an ihrem Angstgegner wiederum gescheiterte deutsche Equipe.

Mario Balotelli

Die Italiener, die im Viertelfinale die Engländer erst nach Verlängerung und Elferduell aus dem Rennen warfen, zeigten keine Ermüdung, obwohl die Deutschen nach der Begegnung mit Griechenland die größere Pause hatte. Die vom Italia-Coach Cesare Prandelli formierte Crew war eindeutig die bessere auf dem Rasen und hatte in ihrem Doppeltorschützen Mario Balotelli einen absoluten Vollstrecker. So bizarr der Stürmer nach außen wirkt, so sehr repräsentiert er seine besondere Klasse auf dem Platz. Er konnte zwei gravierende Patzer des Gegners gnadenlos ausnutzen und den deutschen Traum vom Titelgewinn beenden. Während der Plan von Germany nicht aufging, erfüllte die Spuadra Azzurra ihren Entwurf perfekt. Damit steht sie nun am Sonntag verdient im Endspiel und kann die bisherige Vormacht des aktuellen Europameisters und Weltchampion aus Spanien beenden.